„Lange Zeit hat die Bayerische Staatsregierung den Ausbau der Schienenverbindung nach Tschechien sehr stiefmütterlich behandelt, langsam kommt Bewegung in die Sache. Ich hoffe, dass beim aktuellen Bahngipfel nicht wieder nur Ankündigungen gemacht werden, sondern endlich Taten folgen", kritisiert Jürgen Mistol, der stellvertretende Vorsitzende der grünen Landtagsfraktion. „Staatsminister Herrmann betont zwar immer wieder dass er in viereinviertel Stunden mit der Bahn von München nach Prag fahren will, wann dies endlich so weit sein wird, steht in den Sternen…“, so Mistol.
Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs haben sich die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Bayern und Tschechien rasch intensiviert. Entsprechend stark stieg das Transportaufkommen zwischen den Nachbarstaaten. „Im Bereich Straße wurde darauf umgehend reagiert und zahlreiche Straßen nach Tschechien wurden massiv ausgebaut, die Bahnstrecken nicht“, stellt Stefan Schmidt, grüner Bundestagskandidat für die Oberpfalz fest. Allein in den Jahren 2009 bis 2014 wurden 152 Mio. € in den Ausbau von Bundesstraßen und 25 Mio. € in den Ausbau von Staatsstraßen investiert. Der Ausbau des Schienennetzes fand hingegen kaum statt. Seit der Grenzöffnung hat der Schienengüterverkehr sogar abgenommen. Ursache hierfür ist vor allem die bis heute fehlende durchgängige Elektrifizierung der grenzüberschreitenden Bahnstrecken. Der Elektrifizierungsgrad des deutschen Schienennetzes liegt bei lediglich 60 % (Im Vergleich: Schweiz (100 Prozent), Belgien (85 Prozent), den Niederlanden und Schweden (beide 76 Prozent), Italien (71 Prozent), Österreich (70 Prozent)). Besonders im bayerisch-tschechischen Grenzgebiet klaffen große Lücken. "Die Elektrifizierung wäre nicht nur ein positiver Beitrag zum Klimaschutz, sondern würde auch den grenzüberschreitenden Schienenverkehr deutlich verbessern“, stellt Jürgen Mistol klar. Denn es ist unglaublich, aber wahr: die Bahn empfiehlt für die Reise von Regensburg nach Prag noch heute, zunächst eine gute Stunde in die Gegenrichtung nach Nürnberg zu fahren, um dann mit dem Bus nach Tschechien zu fahren. Auch von München ist der Bus laut Bahn das zeitlich attraktivere Verkehrsmittel.
Wichtige grenzüberschreitende Schienenprojekte warten bis heute noch auf ihre Realisierung. "Ein Vierteljahrhundert nach dem Fall des Eisernen Vorhangs ist es höchste Eisenbahn, dass die Einheit Europas auch auf der Schiene vollzogen wird“, fordert Stefan Schmidt.
Bereits am 7. Juni 1995 unterzeichneten das Bundesministerium für Verkehr der Bundesrepublik Deutschland und das Ministerium für Verkehrswesen der Tschechischen Republik eine Vereinbarung zur Zusammenarbeit bei der Weiterentwicklung der Eisenbahnverbindung München / Nürnberg - Prag. Die Tschechische Republik hat ihren infrastrukturellen Teil der Vereinbarung, die neubaugleiche Modernisierung von Pilsen bis Eger, mit erheblichen Investitionen und EU-Fördermitteln bereits 2012 erfüllt. Verkehrs-, wirtschafts- und gesellschaftspolitisch nicht zu akzeptieren ist die fehlende Priorisierung einer leistungsfähigen Schienenverkehrsverbindung zwischen den beiden Hauptstädten Prag und München. Auf deutscher Seite steht bisher die Streckenelektrifizierung München – Regensburg – Schwandorf – Furth im Wald – Grenze D/CZ - nur im potentiellen Bedarf des Bundesverkehrswegeplans. Sie muss umgehend in den vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplans aufgenommen werden, wie das gesamte Projekt Metropolenbahn, die Streckenlektrifizierung München / Nürnberg - Prag. Der grenzüberschreitenden Reise- und Güterverkehr muss umweltfreundlich gestaltet werden. Dafür ist der Ausbau der Bahnstrecken überfällig, sind sich Mistol und Schmidt einig und fordern die Staatsregierung auf, den Ausbau schnell voranzutreiben.