Nach der Ankunft in Brasilen in Santa Catarina gab es das erste Briefing durch den Generalkonsul Dr. Stefan Traumann und der allererste Termin führte uns in die Abgeordnetenkammer des Staates Santa Catarina zu einem Gespräch mit den Abgeordneten Jean Kuhlmann und Rodrigo Minotto.
Die Abgeordnetenkammer ist im Palácio Barriga Verde (Grüner Bauch) untergebracht.
E-Mobilität ist auch ein Thema in Brasilien. Bei unserem Besuch der Bundesstaatlichen Universität Santa Catarina wurde uns das Start-up Mobils/Podshare und eines ersten Elektrofahrzeug-Prototypen „Podcycle“ im Rahmen des „3. eMobilititätsforums Ingolstadt Brasilien“ der Strategischen Partnerschaft AWARE (Applied Network on Automotive Research and Education) zwischen der Technischen Hochschule Ingolstadt (THI) sowie der bundesstaatlichen Universitäten von Santa Catarina (UFSC) und Paraná (UFPR) vorgestellt. Außerdem waren wir dabei, als Vertreterinnen und Vertreter der Technischen Hochschule Ingolstadt und der Bundesuniversität Santa Catarina die Fortsetzung ihrer Kooperation auf diesem Gebiet besiegelten. Bayerisch-brasilianische Zusammenarbeit der besten Art!
Florianópolis macht auf uns Eindruck als Stadt der Innovationen, mit vielen Studierenden und Start-Up-Unternehmen. Dennoch erschlägt einen als Europäer die Dimension des in Bau befindlichen Technologie- und Innovationspark 'Sapiens Park' im Norden der Insel Santa Catarina, den wir besichtigten. Das Angebot unserer brasilianischen Gesprächspartner, auf wirtschaftlichem Gebiet noch enger zusammenzuarbeiten, insbesondere im Bereich der E-Mobilität, erscheint aber sehr interessant.
Dann ging es weiter nach São Paulo, auch dort besuchten die Abgeordnetenkammer von São Paulo und hatten ein Gespräch mit der Abgeordneten Célia Leão.
Brasilins aktuelle Situation ist gekennzeichnet von einer nachhaltigen politische Krise, einer deutlich gestiegene Arbeitslosigkeit, einer galoppierenden Inflation und einem Negativwachstum: Was bedeutet das für die in Brasilien tätigen deutschen Unternehmen? Das diskutieren wir in der Deutsch-Brasilianischen Industrie- und Handelskammer São Paulo (AHK/SP). Interessant war, dass der stellvertretende Geschäftsführer der AHK/SP, Lars Grabenschröer, sagte, ein umfassender Freihandel würde eine Deindustrialisierung bewirken, weil Brasilien nicht wettbewerbsfähig wäre. Gute Gespräche zur aktuellen Situation Brasiliens und den Veränderungen, die sich in den letzten Jahren im Land ereignet haben, führten wir auch während des Empfangs in der Residenz des Deutschen Generalkonsuls in Rio de Janeiro mit dem stellvertretenden Generalkonsul Joachim Schemel und Dr. Dawid Danilo Bartelt von der Heinrich Böll Stiftung.
Aber zurück nach São Paulo, nach einem Gespräch im Ministerium für Abwasserbehandlung und Wasserressourcen des Staates São Paulo diskutierten wir mit dem Minister für Energie, João Carlos de Souza Meirelles, über die Energiepolitik des Staates. Er warb eindringlich um deutsche Firmen, um im Bereich der Erneuerbaren Energien, insbesondere im Bereich Photovoltaik, in Brasilien zu investieren.
Weiter ging es nach Rio de Janeiro. Unsere Termin in Rio de Janeiro starteten sehr fröhlich mit einem Besuch des Projektes 'Centro Social e Creche Bom Samaritano' der evangelisch-lutherischen Kirche, in dem Kinder aus drei Favelas nahe Ipanema in den Kindergarten gehen. Bei einer kurzen Stippvisite in der Favela 'Morro do Cantagalo' wird deutlich, Armut und Reichtum liegen in Rio de Janeiro extrem nah beieinander.
Bei der Besichtigung der städtebaulichen Entwicklung rund um die Sportstätten der Olympischen Spiele 2016 in Begleitung des Projektmanagers Olympia 2016 wurde sehr deutlich, welche Auswirkungen auf Natur und Landschaft solche sportliche Megaveranstaltungen haben...
Neben dem Besuch der Abgeordnetenkammer, waren wir zu einem Empfang in der Residenz des Deutschen Generalkonsuls in Rio de Janeiro, Harald Klein, eingeladen. Zufällig trafen wir dort auf den Regensburger Brauereidirektor Hermann Goß von der Brauerei Bischofshof...
Sehr interessante Gespräche zum Thema 'Öffentliche Sicherheit' hatten wir mit Martha Rocha, der Vorsitzenden des Ausschusses für Innere Sicherheit. Vor ihrer Zeit im Landesparlament war sie Kriminalkommissarin und Polizeichefin im Staat Rio de Janeiro.
Unter Führung der Misereor-Mitarbeiterin Annette Roensch haben Christine Kamm und ich das Menschenrechtszentrum des Bistums Nova Iguaçu nördlich von Rio de Janeiro besucht. Im Gespräch mit Diözesanbischof Don Luciano Bergamin und vielen weiteren Aktiven vor Ort konnten wir uns über die Vielzahl der Rechtsverletzungen informieren und bekamen die zahlreichen Gesichter extremer Gewalt, die leider immer noch Alltag vieler Brasilianerinnen und Brasilianer sind, vor Augen geführt.
Bei einem weiteren Gespräch in der Diözese Nova Iguaçu trafen wir mehrere Frauen, die ihre Söhne bei Gewaltakten verloren haben und die nun zusammen mit anderen für Frieden in ihrer Stadt demonstrieren und sich organisieren. Die defizitäre öffentliche Sicherheit ist für die Menschen der Baixada Fluminense, einer Reihe von Vorstädten im Norden von Rio de Janeiro fernab des Tourismus, das Thema Nummer 1.
Anlässlich des 'Dia da Consciência Negra', ein offizieller Feiertag, der an das schwarze Bewusstsein Brasiliens erinnert, organisierte die Misereor-Mitarbeiterin Annette Roensch unter Führung von Marcio Mattos de Mendonça von der örtlichen Partnerorganisation 'Agricultura familiar e Agroecologia' einen Besuch des Projekt der urbanen ökologischen Landwirtschaft in einem Viertel Rio de Janeiros, das von Afrobrasilianern bewohnt wird, Nachfahren ehemaliger Sklaven mit speziellem Recht auf die Ländereien, wo ihre Vorfahren gesiedelt haben (sog. Quilombo-Gebiet).
Und ein wenig Kultur zum Abschluss unserer überaus spannenden und informativen Braslienreise: Das von Oscar Niemeyer entworfene Museu de Arte Contemporânea de Niterói.