Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen!
Ihren Verweis auf das Grundgesetz, Herr Kollege Lorenz, hätten Sie sich wirklich sparen können. Wir brauchen von Ihnen keine Nachhilfe.
(Beifall bei den GRÜNEN)
Im Gegensatz zu Ihnen sehen wir wirklich Handlungsbedarf auf diesem Feld. Wir brauchen die Einführung des aktiven und passiven Wahlrechts für EU-Bürger bei der Wahl der Bezirksräte. Deswegen werden wir heute dem Gesetzentwurf der SPD voller Überzeugung zustimmen.
(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)
Kolleginnen und Kollegen von der CSU, Sie betonen bei jeder Gelegenheit die Zugehörigkeit der Bezirke zur kommunalen Ebene, was auch aus der Bayerischen Verfassung hervorgeht. Dennoch messen Sie immer noch mit zweierlei Maß, wenn es um das Wahlrecht für die EU-Bürgerinnen und EU-Bürger geht.
Die Einführung des aktiven und passiven Wahlrechts für EU-Ausländer haben wir GRÜNE bereits mehrfach gefordert, auch die SPD; wir wechseln uns immer ab mit unseren parlamentarischen Initiativen, vielleicht kann ich es so formulieren. Die Beratung im Innenausschuss hatten wir bereits. Sie hat gezeigt, dass sich an den Argumenten Für und Wider bei Bezirkstagswahlen grundsätzlich nichts geändert hat. In der Antwort auf eine Schriftliche Anfrage meiner Kollegin Katharina Schulze und von mir vom letzten Jahr wurde angeführt, dass verfassungsrechtliche und europarechtliche Bedenken bestünden. Diese Bedenken haben Sie heute erneuert. Über die Auslegung der betreffenden Gesetze haben wir uns im Ausschuss eingehend unterhalten. Wir drehen uns im Kreis, solange Sie auf dieser Auslegung bestehen. Sie muss nicht die richtige Auslegung sein, so sage ich jetzt einmal ganz vorsichtig.
(Beifall bei den GRÜNEN)
Wir GRÜNE halten daran fest, dass der Artikel 28 Absatz 1 Satz 3 des Grundgesetzes europarechtskonform auszulegen ist und dass Bezirkstagswahlen im Sinne des Artikels 22 Absatz 1 der Ausführungsbestimmungen der europäischen Kommunalwahlrichtlinie als Kommunalwahlen anzusehen sind. Die bayerischen Bezirke werden in der Richtlinie 94/80/EG zwar nicht als lokale Gebietskörperschaften der Grundstufe erwähnt; das mag an dieser so berühmten Einzigartigkeit der bayerischen Bezirke liegen. Dass die Bezirke aber deswegen von der Geltung dieser Richtlinie auszuschließen sind, ist ganz allein Ihre Interpretation. Dabei scheinen Sie die Position des betroffenen kommunalen Spitzenverbands gänzlich zu ignorieren. Der Bezirketag befürwortet nämlich längst die Einführung des aktiven und passiven Wahlrechts für EU-Bürgerinnen und -Bürger. Auch der Städtetag trägt zwischenzeitlich eine entsprechende Änderung des Wahlrechts mit unter der Prämisse, dass den Kommunen ein angemessener Ersatz für den Mehr- aufwand zugestanden wird.
In der Tat mag es so sein, dass die Erstellung von Wählerverzeichnissen mit einem Mehraufwand verbunden ist. Das kann aber kein Argument dafür sein, dass man diese Partizipationsmöglichkeit nicht entsprechend ausweitet. Herr Kollege Arnold, das sollte es uns wert sein. Kolleginnen und Kollegen, es ist höchste Zeit, die längst überfällige Anpassung des Bezirkswahlgesetzes vorzunehmen. Bei der Mitberatung des Gesetzentwurfs im Europaausschuss ist signalisiert worden, dass es sogar eine entsprechende Initiative aus dem Innenministerium geben soll. Aber offensichtlich sind bzw. waren Sie wieder einmal nicht in der Lage, über Ihren eigenen Schatten zu springen. Mit Ihrer heutigen Zustimmung zum Gesetzentwurf hätten Sie noch einmal die Möglichkeit dazu. Ansonsten werden wir uns demnächst wieder mit diesem Thema befassen müssen.
(Beifall bei den GRÜNEN, den FREIEN WÄHLERN und der SPD)