Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen!
Was das Thema Schwimmen angeht, so zeigen die Antworten der Staatsregierung zur Interpellation, dass auf diesem Gebiet wirklich noch viel zu tun ist. Wenn es wirklich so ist, wie die Staatsregierung es immer wieder bekräftigt, dass nämlich das Schwimmenlernen eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist und keine rein private Aufgabe. Ich habe mich auch deshalb zu diesem Tagesordnungspunkt gemeldet, weil wir gestern im Innenausschuss eine Diskussion zur Schwimmfähigkeit hatten. Der Innenausschuss ist für das Thema Sport federführend zuständig. Wir haben dort nicht zum ersten Mal darüber gesprochen. Warum setzen wir GRÜNE und andere aus der Opposition das Thema immer wieder auf die Tagesordnung? – In bayerischen Gewässern starben – das sind Zahlen von der DLRG, der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft – bis Ende August dieses Jahres 62 Menschen; deutschlandweit waren es 297 Menschen. Insofern gibt es keinen Grund, in dem Bemühen um mehr Sicherheit im und am Wasser nachzulassen; denn um die Schwimmfähigkeit ist es wirklich weithin schlecht bestellt.
(Beifall bei den GRÜNEN)
Kolleginnen und Kollegen, wie ist der Stellenwert des Schwimmens in der Schule? – Es gibt keine Maßgabe für eine konkrete Stundenzahl. Ob und in welchem Umfang Schwimmunterricht angeboten wird bzw. wie die Inhalte des Lehrplans umgesetzt werden, liegt in der Verantwortung der jeweiligen Schule und ihrer Lehrkräfte und hängt auch von den infrastrukturellen Voraussetzungen ab. So steht’s sinngemäß in der Antwort der Staatsregierung.
Der Lehrplan ist eigentlich eindeutig. Der Lehrplan- PLUS formuliert bezüglich des Schwimmunterrichts für die Jahrgangsstufen eins und zwei unter anderem folgende Kompetenzerwartung: "Die Schülerinnen und Schüler schwimmen zunehmend sicher und erfüllen mindestens die Anforderungen des ‚Seepferdchens‘". – Dieses Lernziel muss also am Ende der 2. Klasse erreicht sein. Am Ende der 4. Klasse wird dann angestrebt, dass die Schülerinnen und Schüler "zumindest die Anforderungen eines Schwimmabzeichens erfüllen, das ihren Fähigkeiten entspricht." Das ist natürlich nach oben entsprechend offen.
Wie schaut es aktuell aus? – Einer Forsa-Umfrage der DLRG zufolge besitzen zwar bundesweit rund 77 % der Grundschülerinnen und Grundschüler das "Seepferdchen", als sicherer Schwimmer kann aber nur gelten, wer die Disziplinen des Jugendschwimmabzeichens in Bronze – das ist der "Freischwimmer" – sicher beherrscht. Den "Freischwimmer" besitzen nur rund 40 % der 6- bis 10-Jährigen. Vor allem in der Grundschule ist die Schwimmausbildung rückläufig. Nur 36 % lernen das Schwimmen in der Grundschule. Mittlerweile haben rund 25 % der Grundschulen keinen Zugang mehr zu einem Bad. Als Hauptgründe für diese Entwicklung gelten Bäderschließungen, die schlechte Umsetzung der Vorgaben aus den Lehrplänen und das Fehlen von Lehrkräften, die für die Lebensrettung ausgebildet sind. Es hilft halt auch nicht, dass der Schwimmunterricht in den Lehrplänen der Grundschule verankert ist, wenn es letztlich aus den vorhin genannten Gründen beim Trockenschwimmen bleibt. Letztendlich wälzen Sie – das muss man sagen – die Verantwortung auf die Schulen und die Kommunen ab.
(Beifall bei den GRÜNEN)
Kolleginnen und Kollegen, die Staatsregierung lässt die Kommunen da wortwörtlich "absaufen", wenn es um die Bereitstellung der erforderlichen Infrastruktur geht. Fast ein Drittel der 900 öffentlichen Bäder im Freistaat ist sanierungsbedürftig, und 51 Schwimmbädern droht gar die Schließung. Viele Kommunen wollen bzw. können sich den vermeintlichen Luxus eines eigenen Schwimmbads schlichtweg einfach nicht mehr leisten. Dass die Staatsregierung zusammen mit den kommunalen Spitzenverbänden jetzt eine Arbeits- gruppe einrichten will, die Fördermöglichkeiten ausloten soll, ist zwar löblich, kommt aber wirklich reichlich spät. Man kann sagen: Die bisherige Förderpolitik läuft seit Jahren gänzlich ins Leere, weil sie Förderkonditionen voraussetzt, die aus der Luft gegriffen und kaum zu erfüllen sind.
(Beifall bei den GRÜNEN)
Kolleginnen und Kollegen, gestern war, wie eingangs erwähnt, die Schwimmfähigkeit Gegenstand der Beratungen im Innenausschuss. Die Kollegen von der CSU haben unseren Antrag auf eine Expertenanhörung zur Schwimmfähigkeit erneut abgelehnt, weil sie sich keinen Erkenntnisgewinn davon versprechen. Die Anhörung wird aber trotzdem stattfinden – da bedanke ich mich ganz ausdrücklich bei den Kolleginnen und Kollegen von der SPD und den FREIEN WÄHLERN –, weil wir hierfür von unserem Minderheits- recht Gebrauch machen. Im Gegensatz zur CSU er- warten wir uns einen Erkenntnisgewinn, weil man sagen kann, dass die Bemühungen der Staatsregierung hier offensichtlich nicht greifen. Dass dieser Er- kenntnisgewinn dringend notwendig ist, steht, glaube ich, fest. Wir brauchen auf jeden Fall wieder mehr Schwimmfähigkeit hier in Bayern.
(Beifall bei den GRÜNEN)