Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen!
Das Informationsrecht und die Kontrolle der Verwaltung sind Kernelemente des kommunalen Mandats. Verehrte Kolleginnen und Kollegen von der CSU, Sie wollen jedoch mehrheitlich – zumindest haben Sie das im Ausschuss so begründet – weiter
hin ein Zwei-Klassen-Auskunftsrecht innerhalb der kommunalen Familie aufrechterhalten. Dabei stößt die bisherige Regelung offensichtlich auch in ihren eigenen Reihen auf Kritik. Im Innenausschuss hat es zumindest ein abweichendes Abstimmungsverhalten gegeben. Vielen, die in Kommunalparlamenten tätig sind oder dort tätig waren, ist es eigentlich nicht zu erklären, dass ein Gemeinderat, ein Stadtrat oder ein Bezirkstagsmitglied kein individuelles Auskunftsrecht gegenüber der jeweiligen Verwaltung hat, ein Kreistagsmitglied aber schon. Kolleginnen und Kollegen, das Problem ist nicht neu. Wir GRÜNE haben bereits in der 14. Legislaturperiode und zuletzt im Jahr 2010 entsprechende Gesetzentwürfe eingebracht, die eine Angleichung der Kommunalgesetze gefordert haben und die Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen von der CSU, auch jetzt wieder mit den gleichen und aus meiner Sicht unbegründeten Vorwürfen ablehnen. Damit lassen Sie erneut die Gelegenheit verstreichen, endlich die Weichen für die Gleichstellung des einzelnen kommunalen Mandatsträgers hin sichtlich seines Auskunftsrechts zu stellen. Dabei hat auch die Diskussion im Innenausschuss mit dem Landesbeauftragten für den Datenschutz, Herrn Dr. Petri, gezeigt, dass sich die Bedenken, die von dieser Seite her gekommen sind und die auch von den kommunalen Spitzenverbänden vorgebracht worden waren, vollumfänglich zerstreuen lassen. Mandatsträger und Mandatsträgerinnen sind nach den allgemeinen kommunalrechtlichen Vorschriften ohnehin zur Verschwiegenheit verpflichtet. Nichtsdestotrotz haben wir uns im Ausschuss bereit erklärt, besonders sensible Daten durch eine entsprechende Ergänzung in unserem Gesetzentwurf zusätzlich, sozusagen doppelt, zu schützen. Demnach gelten Auskunftsansprüche nicht, wenn und soweit für die Vorgänge Geheimhaltung besonders vorgeschrieben ist oder überwiegend schutzwürdige Interessen Betroffener entgegenstehen.
Das bedeutet: Die an sich selbstverständliche Beachtung geltender Gesetze wie zum Beispiel des Datenschutzgesetzes des Bundes, des Bayerischen Datenschutzgesetzes oder bereichsspezifischer Datenschutzgesetze wie etwa des Sozialdatenschutzes oder des Steuergeheimnisses wurde nochmals explizit in unseren Gesetzentwurf mit aufgenommen. Dazu möchte ich betonen, dass wir GRÜNE nicht an der Integrität unserer kommunalen Mandatsträgerinnen und Mandatsträger zweifeln, sondern mit dieser Klarstellung erreichen wollten, dass Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen der CSU, einer längst überfälligen Änderung im bayerischen Kommunalrecht endlich zustimmen; denn Demokratie braucht Transparenz.
(Beifall bei den GRÜNEN und Abgeordneten der SPD)
Dass Sie trotz unseres Entgegenkommens nicht zustimmen wollen, belegt Ihr tiefgreifendes Misstrauen gegen eine offene, transparente und moderne Verwaltungskultur. In den Kommunalverfassungen anderer Bundesländer ist es eine Selbstverständlichkeit, dass auch den einzelnen Mandatsträgerinnen und Mandatsträgern neben dem Kollegialorgan als Ganzem ein individuelles Auskunfts- und Akteneinsichtsrecht zugebilligt wird. Andernfalls besteht die Gefahr, dass Minderheiten durch Mehrheitsbeschluss von Informationen ausgeschlossen werden. Das trifft mehr und mehr auch auf Ihre eigenen Parteifreundinnen und – freunde in den kommunalen Parlamenten zu. Denn es gibt immer mehr Kommunalparlamente, Gemeinderäte und Stadträte, wo Sie nicht mehr in der Mehrheit sind. Das alleine wäre schon ein gutes Argument für Sie, diesem Gesetzentwurf auch zuzustimmen.
Ebenso selbstverständlich muss es sein, dass Mandatsträgerinnen und Mandatsträger vor einer Sitzung durch die Verwaltung mit denjenigen Unterlagen versorgt werden, die sie zur ordnungsgemäßen Vorbereitung der Sitzung benötigen. Dass der Bayerische Verfassungsgerichtshof die Rechtslage in Bayern dennoch unbeanstandet gelassen hat, bedeutet nicht, dass sich der Gesetzgeber nicht in Richtung Stärkung der Informationsrechte von Mandatsträgerinnen und Mandatsträgern weiterbewegen kann, im Gegenteil.
Kolleginnen und Kollegen, auch wenn Sie hier und heute wieder nicht zustimmen werden, vielleicht geben Sie sich angesichts der angekündigten Überarbeitung des Kommunalwahlrechts endlich einen Ruck und verankern ein umfassendes Auskunftsrecht für kommunale Mandatsträgerinnen und Mandatsträger. Wir GRÜNE werden Sie bei nächster Gelegenheit wieder daran erinnern.
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Ich zähle nicht mehr mit. Aber ich glaube, der Herr Kreuzer zählt mit. Er wird es uns dann bei Gelegenheit erzählen.
(Allgemeine Heiterkeit)
Herr Kollege Lederer, wir haben offensichtlich verschiedene Erfahrungshintergründe – Sie als ehemaliger Bürgermeister von Tuntenhausen, ich nach wie vor als Stadtrat von Regensburg, der mittlerweile versucht, den Blick auch auf die kleinen Gemeinden zu lenken.
Herr Kollege Lederer, Sie sagen, die Geschäftsordnung werde von der Mehrheit bestimmt. Das ist richtig. Aber es bestimmt eben auch die Mehrheit, dass Auskunftsrechte nicht in die Geschäftsordnung aufgenommen werden. Insofern ist da seitens des Gesetzgebers Handlungsbedarf gegeben. Dass Sie es den Kommunen nicht zutrauen, das Problem vor Ort zu lösen, habe ich in den 13 Jahren, in denen ich einem Kommunalparlament angehöre, nicht nur selber er lebt, sondern höre ich immer wieder. Wir GRÜNEN haben halt die Tradition, dass wir oft in der Opposition waren – wenn wir auch mittlerweile nicht mehr immer in der Opposition sind – und so oft erlebt haben, dass wir keine Auskunft über gestellte Fragen erhalten haben.
Informationen über Tagesordnungen mögen in den meisten Gemeinden gängige Praxis sein, aber leider ist das nicht überall. Es gibt auch Beispiele, wo das nicht passiert. Deswegen sollten wir auch das regeln, damit es entsprechend gemacht wird.
Herr Kollege Lederer, dass die kommunalen Spitzenverbände da eine andere Position vertreten, kann ich nachvollziehen, weil in den Kommunalparlamenten eben nicht die Opposition sitzt.
(Zuruf des Abgeordneten Dr. Otto Lederer (CSU))
– Das heißt ja nicht, dass bei den kommunalen Spitzenverbänden alle einer Meinung sind. Die werden ihre Positionen demokratisch abstimmen.
Was man schon sagen muss, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU: Sie sind immer groß im Sprücheklopfen;
(Widerspruch bei der CSU – Beifall bei den GRÜ NEN, der SPD und Abgeordneten der FREIEN WÄHLER)
Begriffe wie "Mitmachdemokratie" tragen Sie wie eine Monstranz vor sich her, wenn es aber konkret wird, dann kneifen Sie. Das lassen wir Ihnen nicht durchgehen.
Was Sie von Minderheitenrechten halten, Kolleginnen und Kollegen von der CSU, sieht man auch daran: Sie haben im Ausschuss nicht einheitlich abgestimmt. Sie hätten auch den Kollegen, der im Innenausschuss unseren Antrag nicht abgelehnt hat, als Redner benennen können; ich glaube, auch er hat hier im Plenum noch nicht so oft geredet. Das wäre vielleicht ein gutes Zeichen gewesen.
(Beifall bei den GRÜNEN)