Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen!
Nach einem Unfall zählt jede Minute: denn jede Minute erhöht die Überlebenschance von Unfallopfern. Das zügige Bilden einer Rettungsgasse entscheidet im schlimmsten Fall über Leben und Tod von Unfallopfern. Wir wissen, nur mit einer durchgehend befahrbaren Rettungsgasse können Rettungskräfte ungehindert und somit schnellstmöglich die Rettungsstelle erreichen.
Die Praxis zeigt aber – das habe ich erst gestern wieder auf der Autobahn erlebt –, dass es bei der Bildung von Rettungsgassen immer wieder zu Problemen kommt, mit denen die Rettungskräfte dann bei Einsatzfahrten konfrontiert sind. Das kommt beispielsweise vor, weil Kraftfahrer zu spät reagieren oder die Rettungsgasse an der falschen Stelle gebildet wird. Oder die Rettungsgasse wird nicht schon bei Staubildung gebildet – auch das ist oft sehr wichtig –, sondern erst bei Eintreffen der Einsatzfahrzeuge, wenn es oft schon zu spät ist. Diese Situation wird oft dadurch verschärft, dass eine steigende Zahl von Gaffern an
der Unfallstelle mit Mobiltelefonen filmt, anstatt mitzuhelfen. Schaulustige erschweren oder verhindern in Einzelfällen sogar die Rettung von Verunglückten.
Kolleginnen und Kollegen, das richtige Verhalten zur Bildung einer Rettungsgasse muss stärker in das Bewusstsein der Verkehrsteilnehmer rücken. Da sind wir uns hier im Hause alle einig, und das hat sich gestern auch bei der Debatte im Innenausschuss gezeigt. Ihre Forderungen, Herr Kollege Rotter, die Sie heute hier formuliert haben und die in Ihrem Dringlichkeitsantrag stehen, sind allerdings nicht neu. Fast habe ich den Eindruck, Sie haben unseren GRÜNEN-Antrag begründet; denn von Gaffern steht in Ihrem Antrag gar nichts drin.
(Beifall bei den GRÜNEN – Zuruf des Abgeordneten Eberhard Rotter (CSU))
Eigentlich haben Sie unseren Antrag begründet, haben dann aber am Schluss gesagt, Sie lehnen ihn ab. Also ganz stringent war das nicht, was Sie hier vorgetragen haben.
Es hat uns sowieso verwundert, warum Sie diesen Dringlichkeitsantrag gestellt haben. Wie gesagt: Wir haben schon gestern im Ausschuss für Kommunale Fragen, Innere Sicherheit und Sport intensiv zu diesem Thema diskutiert. Sie haben alle drei Anträge, die die SPD eingebracht hatte, abgelehnt. Sie haben dann auch sinngemäß gesagt: Warum stellt die SPD Anträge? Das wird doch von der Staatsregierung so- wieso alles gemacht. – Nun stellen Sie hier selbst einen Antrag, offensichtlich doch wohl deshalb, weil es nicht so ist, wie das Ihre Kollegen gestern im Innenausschuss dargestellt haben.
Nun aber zum CSU-Antrag. Das Pilotprojekt auf der A 8 ist sicherlich eine wichtige Maßnahme. Was Sie aber konkret beantragen, das haben wir eigentlich schon 2014 beschlossen, also vor drei Jahren. Übrigens haben wir das auf Ihre Initiative hin beschlossen. Da frage ich mich schon: Fällt Ihnen zum Thema Rettungsgasse nichts Neues ein, Herr Kollege Rotter?
(Beifall bei den GRÜNEN)
Staatsminister Herrmann verweist immer sehr stolz auf das Bayerische Verkehrssicherheitsprogramm 2020. Offensichtlich waren seine bisherigen Bemühungen nicht ausreichend. Feuerwehren, Rettungskräfte, Polizei und andere Hilfsorganisationen klagen nämlich weiterhin über Behinderungen im Einsatz. Es ist nicht nur so, dass sie klagen, dass nichts passiert, sondern das Problem wird sogar schlimmer. Es ist nämlich nicht so, dass das Problem rückläufig wäre oder dass man einen Effekt erkennen könnte, dass diese Maßnahmen, die angeblich alle schon auf dem Weg sind – meist sind es nur Pilotprojekte – etwas bewirken. Es passiert nichts, sondern es wird noch schlimmer.
Deshalb haben wir uns gesagt: Nun legen wir GRÜNEN einen eigenen Antrag vor, nachdem die SPD gestern im Innenausschuss ihre Anträge vorgelegt hat und Sie nun einen eigenen Dringlichkeitsantrag eingebracht haben. Wir GRÜNE fordern zur Bewerbung der Rettungsgasse ganz konkret, dass die zur Verfügung stehenden Informationsmedien wie Radio, Navigationssysteme und Apps besser genutzt werden. Das steht im Übrigen nicht in Ihrem Antrag drin, obwohl Sie das in Ihrer Rede gesagt haben, Herr Kollege Rotter. Wir brauchen – auch das ist ganz klar – bundesweite Aufklärungskampagnen. In dieser Frage sind wir uns einig.
(Erwin Huber (CSU): Das steht doch bei uns drin!)
Die Verschärfung von Strafen allein wird keine Abschreckung bewirken. Das Bußgeld für das Nichtbilden einer Rettungsgasse sollte erhöht werden; denn 20 Euro sind angesichts der Folgen für die Unfallopfer wirklich lächerlich gering. Schauen wir nach Österreich. Dort ist es ein ganz anderer Betrag. Inzwischen liegt dazu auch eine Bundesratsinitiative aus Niedersachsen vor. Ich kann nur sagen: Bitte zustimmen!
(Beifall bei den GRÜNEN)
Verschärft werden solche Situationen zunehmend durch die steigende Zahl von Schaulustigen an Unfall- stellen, sogenannten Gaffern. Diese filmen lieber an den Unfallstellen mit Mobiltelefonen, anstatt zu helfen. Abgesehen von der Missachtung des Persönlichkeits- rechts der Opfer stellt ein solches Verhalten eine erhebliche Gefahr für die Verunglückten dar. Auch dazu haben wir im Innenausschuss schon mehrfach diskutiert.
Abschließend muss ich feststellten, Kolleginnen und Kollegen: Außer bunten Pillen hat Minister Herrmann in Sachen Rettungsgasse und im Hinblick auf die Maßnahmen gegen Gaffer bisher nichts zu bieten. Weil die bunten Pillen aber nicht die gewünschte Wirkung zeigen, brauchen wir eine richtige Medizin. Über das Stadium von Testen und Prüfen sollten wir eigentlich längst hinaus sein. Jetzt geht es um konkrete und flächendeckende Maßnahmen. Hier setzt unser An- trag an, zu dem ich um Zustimmung bitte.
(Beifall bei den GRÜNEN)
Geschätzter Herr Kollege Mistol, ich wollte Sie bitten, unseren Antrag noch einmal zu lesen. Sie werden dann nämlich feststellen, dass der Antragstext zu Ihren Ausführungen absolut nicht passt. Wir haben in unserem Antrag nämlich sehr wohl stehen, dass verstärkt und weiterhin darauf hingewirkt wird, dass die Informationen auch in Navigationssysteme einzupflegen und im Rundfunk zu platzieren sind.
Zum Thema Gaffer habe ich mich recht ausführlich mündlich geäußert. Insoweit haben Sie nicht zugehört; denn dieses Thema ist dadurch erledigt, dass die niedersächsische Landesregierung über den Bundesrat die Gesetzesintiative mit Zustimmung des Freistaats Bayern eingebracht hat. Im Übrigen sind wir uns offensichtlich einig, dass dieser Pilotversuch nun dringend gestartet werden soll.
Herr Kollege Rotter, gerade weil wir uns einig sind, verstehe ich nicht, warum Sie den nachgezogenen Dringlichkeitsanträgen nicht zustimmen. In unserem Antrag steht doch alles drin, was auch Sie gesagt haben.
Ich stelle es noch einmal fest: Das Thema Gaffer haben Sie zwar mündlich zum Besten gegeben, in Ihrem Antrag steht dazu aber kein Wort.
(Beifall bei den GRÜNEN – Erwin Huber (CSU): Weil es erledigt ist! Hören Sie nicht zu?)