Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen!
Verlässlichkeit ist eine Zier, doch besser lebt sich’s ohne ihr! – Das scheint das Motto der FREIEN WÄHLER für das Wahljahr 2018 zu sein.
(Beifall bei den GRÜNEN und der CSU)
Und was macht die CSU? – Sie stimmt aus purer Angst um den Machtverlust sogleich in den Gesang ein. Hier habe ich mir auch einen Reim überlegt: Was gestern total falsch ich fand, dafür kämpf ich nun im ganzen Land.
(Heiterkeit – Beifall bei den GRÜNEN und den FREIEN WÄHLERN)
Wir GRÜNE sind schon sehr gespannt, ob diese Taktik aufgeht.
Kolleginnen und Kollegen, für uns GRÜNE ist klar: Das System der Straßenausbaubeiträge hat seine Schwächen. Es ist mitunter ungerecht und schon gar nicht ist es populär. Um es gleich deutlich zu machen: Jeder Systemwechsel produziert natürlich Verlierer. Es gilt, bei einem Systemwechsel neue Ungerechtigkeiten zu vermeiden. Wenn eine Mehrheit hier in diesem Haus für den Systemwechsel ist, was ich so wahrnehme, dann werden auch wir GRÜNE auf diesem toten Pferd nicht weiterreiten. Wir werden aber ganz genau aufpassen, dass es bei dieser Aktion so gerecht wie möglich zugeht.
(Beifall bei den GRÜNEN – Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Jetzt aber!)
Fakt ist aber auch: Mit der Abschaffung der Straßenausbaubeiträge allein ist das Grundproblem nicht aus der Welt. Auch zukünftig wird jemand den Straßenausbau bezahlen müssen. Das ist längst nicht das einzige Problem.
Herr Kollege Aiwanger, allein der Titel Ihrer Aktuellen Stunde enthält schon einen Widerspruch: Die Forderung, Straßenausbaubeiträge schnellstmöglich, sofort und am besten rückwirkend abzuschaffen, beendet keine Rechtsunsicherheit, sondern befördert neue Ungerechtigkeiten.
(Beifall bei den GRÜNEN – Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Wenn man es falsch macht!)
Es macht keinen Sinn, die Reform jetzt übers Knie zu brechen. Wir erwarten endlich wieder mehr Sachlichkeit in der Debatte statt des hysterischen Wahlkampfpopulismus, dem bei diesem Thema nun auch die CSU verfallen ist.
Ich sage Ihnen: Wir waren in dieser Legislaturperiode schon einmal weiter und waren auch schon konstruktiver. Hier denke ich an die Expertenanhörung und an die sich daran knüpfende Debatte. Der Gesetzentwurf der FREIEN WÄHLER – das ist heute auch schon klar geworden – ist nicht zu Ende gedacht. Er ist praxis- fremd; das haben wir auch in der Ersten Lesung schon gesagt.
Noch plan- und kopfloser erscheinen mir allerdings aber die Kolleginnen und Kollegen von der CSU. Sie haben nicht nur diesen Meinungswechsel der FREIEN WÄHLER um 180 Grad noch getoppt, sondern Sie haben zwischenzeitlich die Kann-Lösung – die schlechteste aller Varianten, die es gibt – favorisiert und sind jetzt als Getriebene auf den Trichter gekommen, einen gänzlichen Systemwechsel anzustreben.
Sie twittern auf Ihren Social-Media-Kanälen: "Bürger entlasten!" Da frage ich mich schon, ob Sie die Menschen für dumm verkaufen wollen. Wenn künftig die Grundstückseigentümer nicht mehr bezahlen, muss es jemand anderes tun, und das sind dann die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler. Es geht nicht darum, die Bürger zu entlasten; denn irgendwo müssen die Mittel herkommen. Nachdem ich davon ausgehe, dass Sie das Geld dafür nicht selber drucken, werden wir alle die Kosten natürlich auf die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler umlegen müssen, und das müssen wir dann auch so sagen. Von einer Entlastung der Bürgerinnen und Bürger kann wirklich nicht die Rede sein.
(Beifall bei den GRÜNEN)
Zudem kommt eine Vielzahl von zu klärenden Rechtsproblemen auf die Gemeinden und die Städte zu: Wie kann ein faires Finanzierungsmodell für die Kommunen künftig aussehen? Wie muss der Übergang gestaltet werden? Was ist mit bereits rechtskräftigen Rechnungsbescheiden, laufenden Ausbaumaßnahmen? Was geschieht mit den laufenden Widerspruchsverfahren? – Das wurde alles schon angesprochen, aber auf diese Knackpunkte wird es ankommen.
Sie treiben damit auch schon jetzt den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern die Sorgenfalten auf die Stirn. Bei mir liegen nicht wenige Schreiben gerade auch von Bürgermeistern der FREIEN WÄHLER auf dem Tisch, die wirklich Sorge haben, dass ihre Kommunen auf den Kosten sitzen bleiben, und denen offensichtlich das Vertrauen fehlt, dass Sie die Sache in ihrem Sinn regeln.
Kolleginnen und Kollegen, mit einem Schnellschuss ist weder den Kommunen noch den betroffenen Bürgerinnen und Bürgern geholfen. Stattdessen müssen zunächst alle möglichen Lösungsvorschläge auf ihre kurz-, mittel- und langfristigen Folgen abgeklopft wer- den. Wir GRÜNE halten deshalb, wie das auch der Gemeindetag fordert, an der für das Frühjahr geplanten Evaluation fest, auf deren Basis dann gründlich und ernsthaft über die Zukunft der Straßenausbaubei- träge diskutiert werden soll.
(Beifall bei den GRÜNEN)
Für uns GRÜNE ist klar: Die Dummen dürfen am Ende nicht die Städte und Gemeinden sein, und dafür werden wir kämpfen.
(Beifall bei den GRÜNEN)
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen!
Ich kann es ganz kurz machen. Bayern ist ein Rechtsstaat und keine Bananenrepublik.
(Beifall bei den GRÜNEN)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, unsere Kommunen müssen sich darauf verlassen können, dass das, was wir, der Gesetzgeber, beschlossen haben, auch gilt. Zumindest muss es so lange gelten, bis etwas anderes beschlossen wird.
(Beifall bei den GRÜNEN)
Es handelt sich bei dem Antrag um einen unnötigen Schnellschuss. Es ist noch so viel zu erledigen, da brauchen wir diesen Antrag heute nicht zu beschließen. Er bewirkt nämlich etwas, was der Zukunft nicht standhalten wird. Ob unsere Städte und Gemeinden bis zu einer Änderung des Gesetzes Beitragsbescheide zustellen oder nicht, soll bitte schön in kommunaler Selbstverwaltung von denjenigen entschieden wer- den, die verantwortungsvoll und auch nicht leichtfertig mit dem Geld der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler umgehen. Wir lehnen den Antrag ab.
(Beifall bei den GRÜNEN)