Wohnen in der Stadt erlebt eine ungebremste Renaissance. Das Leben in bayerischen Städten und Ballungsräumen wird immer beliebter und bezahlbarer Wohnraum zunehmend zur Mangelware. Gleichzeitig sind die Kommunen angehalten, für eine ausreichende Bereitstellung von Wohnraum für ihre Bevölkerung Sorge zu tragen. Unser drittes Fachgespräch zum Thema „Wohnen findet Stadt: Kommunale Wohnraumversorgung in Ballungsräumen“ beschäftigte sich daher mit der Frage, wie bayerische Kommunen dieser Herausforderung begegnen und den Wohnungsnotstand beheben können. Weil auch in Regensburg der Wohnungsmarkt brennt, diskutierte der wohnungspolitische Sprecher der Grünen Landtagsfraktion, Jürgen Mistol, mit Expertinnen und Experten sowie zahlreichen Gäste diesmal in seiner Heimatstadt, wie Wohnen nachhaltig und bezahlbar bleiben kann.
Zu Beginn stellte Stadtbaurätin Prof. Dr. Elisabeth Merk die Herausforderungen der Wachstumsregion München vor. Der dort vorherrschende Wohnungsnotstand sowie der stetige Zuwachs der Bevölkerung sind Herausforderungen, die nicht nur die Landeshauptstadt betreffen, sondern auch in anderen bayerischen Ballungsräumen vorherrschen. Voraussetzung für eine nachhaltige Bauplanung sei vor allem Flächenwissen, also welche Flächen überhaupt für Wohnungsbau zur Verfügung stehen. Auch der Baustoff Holz werde künftig an Bedeutung gewinnen. Gleichzeitig forciert Prof. Merk bei Bauvorhaben neue Wege der Öffentlichkeitsbeteiligung. Dadurch sollen die Anregungen der Bürgerinnen und Bürger in die Planung einfließen können. Anhand ausgewählter Projekte zeigte sie auf, wie die Stadt München durch Erweiterung, Umstrukturierung und Nachverdichtung versucht, den Problemen entgegenzusteuern. „Optimierung statt Maximierung“ lautete ihr Appell.
Im Anschluss beleuchtete Ricarda Pätzold vom Deutschen Institut für Urbanistik aus wissenschaftlicher Perspektive die kommunalen Gestaltungsmöglichkeiten der Wohnraumversorgung. Dabei ging sie zunächst auf das Phänomen der „Schwarmstädte“ ein. Insbesondere die jüngere Bevölkerung zieht es in Scharen aus den Regionen in vergleichsweise wenige Städte, wodurch dort der Wohnraum zunehmend verknappt wird. Der Mangel an bezahlbarem Wohnraum habe sich über lange Zeit aufgestaut. Gleichzeitig habe die Zuwanderung in die Städte einen Katalysatoreffekt auf die Wohnungspolitik. Trotz hohen Bedarfs an Wohnraum, warnte sie jedoch vor einer übereilten „Bau-Panik“ und warb stattdessen für eine Wohnungsmarktbeobachtung in großen Städten, um auf Entwicklungen angemessen reagieren zu können. Beispielsweise werde in stark wachsenden Städten wie Ingolstadt, Regensburg, Würzburg und Augsburg von diesem Instrument bislang noch nicht Gebrauch gemacht.
„Die dichteste Städte sind die, wo die Touristen am liebsten hinfahren“, so das Credo des Grünen Gemeinderats und Landtagsabgeordneten in Wien, Mag. Christoph Chorherr. Österreichs Hauptstadt ist seit Jahren für ihren vorbildlichen Umgang mit öffentlich gefördertem Wohnraum bekannt. Es gibt 220.000 Gemeindewohnungen. Damit ist die Stadt der größte Immobilienbesitzer Europas. Er plädierte daher für gezielte Nachverdichtung. Das sei auch der ökologisch richtige Ansatz, denn dank der kurzen Wege würden die Menschen verstärkt auf das Fahrrad und den Öffentlichen Nahverkehr umsteigen. Gleichzeitig werde in Wien auf ein konsequentes Flächenmanagement und auf eine ausgewogene Mischung von Wohnen und Gewerbe geachtet. Beispielsweise gilt in neuen Wohngebieten im Erdgeschoss ein Wohnungsverbot, damit sich auch Geschäfte und Dienstleistungsgewerbe ansiedeln können. Umgekehrt würden Supermärkte dazu verpflichtet, über ihren Verkaufsflächen Wohnungen zu bauen.
Jürgen Mistol fragte gezielt nach, wie der neue, von der Bundesbauministerin geplante Gebietstyp "Urbanes Bauen" von den Expertinnen und dem Experten gesehen wird? Gerade durch die damit einhergehende Verfahrungsvereinfachung, die dem Ziel verpflichtet ist, die Bearbeitungszeiten in den Verwaltungen zu verkürzen, wurde dieses neue Instrument einstimmig begrüßt. Dadurch könnten Wohnen und Arbeiten künftig wieder näher zusammenrücken und dichter gebaut werden. Fazit: Der Schlüssel zu einer vielfältigen und lebenswerten Stadt steckt nicht zuletzt in architektonischer Qualität und attraktiven Freiflächen.