Am 11. Februar lud Jürgen Mistol gemeinsam mit Martin Stümpfig, Sprecher für Energie und Klimaschutz der bayerischen Grünen, zu einem grünen Energiekongress nach Schwandorf ein. Unter dem Motto „Dranbleiben! Deine Energiewende“ diskutierte der Oberpfälzer Landtagsabgeordnete mit regionalen Entscheidungsträgern und Akteuren aus den Bereichen Energieversorgung, Wohnungsbau und Wissenschaft die Perspektiven einer dezentralen und partizipativen Energiewende in Bayern. Im Fokus standen dabei die Themen Wärme und Strom.
In seinem Grußwort machte Jürgen Mistol eingangs auf erhebliche Missstände in der bayerischen Energiepolitik aufmerksam und berief sich insbesondere auf die Statistik des Bundesverbands Windenergie (BVE), wonach die Zahl der neu errichten Windräder in Bayern 2016 erneut gesunken ist. Kamen im Jahr 2014 noch 154 neue Windkraftanlagen hinzu, waren es 2015 nur noch 143 und lediglich 124 im vergangenen Jahr. Wie Mistol betonte, stehe die Entwicklung im Freistaat damit im Gegensatz zum bundesweiten Trend. Auch über die geringe Sanierungsquote von 1% für energieeffizienten Wohnraum zeigte sich der wohnungspolitische Sprecher der Landtagsgrünen besorgt.
Innovation, Teilhabe und Investition sind Erfolgsfaktoren für eine gelingende Wärmewende
Fraktionskollege Martin Stümpfig bemängelte ausdrücklich die Passivität der Staatsregierung beim Klimaschutz und forderte eine massive Reduktion der CO2-Emmissionen in Bayern, die aktuell bei 100 Mio. Tonnen pro Jahr liegen. Als große Chance wertete der energiepolitische Sprecher der Landtagsgrünen dabei die Nutzung von Abwärme mittels der Einrichtung von kommunalen Wärmeplattformen. Im grünregierten Baden-Württemberg existieren solche effizienten Synergiestrukturen bei der Wärmeversorgung bereits, wie Stümpfig am Beispiel der Kleinstadt Crailsheim illustrierte. Angesichts des beeindruckenden Potentials des Crailsheimer Modells (5,9 Tonnen CO2-Einsparungen seit 2007), animierte der Landtagsabgeordnete aus Mittelfranken auch in Bayern zur Errichtung von genossenschaftlichen Wärmeverbünden und appellierte an die Kommunen, Bürger und weiteren regionalen Akteure sich bei der Realisierung der „Wärmewende“ aktiv einzubringen.
Als ein Repräsentant dieser regionalen Akteure betonte Ludwig Friedl, Vorsitzender des Bayerische Energieagenturen e.V. und Geschäftsführer der Energieagentur Regensburg, die Notwendigkeit von Strukturen für eine erfolgreiche Energiewende. Diese könnten die Energieagenturen insbesondere in der Rolle als Ratgeber für die Bürger in Bayern bieten. Entscheidend sei, so Friedl, dass die Bevölkerung von dem Serviceangebot der Agenturen Gebrauch mache.
Werner Goller vom Bayerischen Bauindustrieverband, Dagmar Kierner aus dem Vorstand der Wohnungsbau und Siedlungswerk Werkvolk eG und der Amberger Architekten Roland Wochnik, zeigten sich gegenüber der Nutzung von energieeffizienten Wärmekonzepten im Gebäudebereich offen und grundsätzlich positiv eingestellt. Besonders Goller und Kierner appellierten an die Politik, besonders die finanzielle Unterstützung für die Umsetzung von energieeffizienten Wohnraumplänen zu gewährleisten. Jürgen Mistol und sein Fraktionskollege Martin Stümpfig erinnerten in diesem Zusammenhang an die Forderung der bayerischen Grünen, künftig jährlich mehr als 300 Mio. Euro aus dem Staatshaushalt für Energieeffizienz und Klimaschutz zu investieren.
10-H-Regelung lähmt die Stromwende und trübt die positive Gesellschaftsstimmung
Beim Thema Stromwende, machten die Diskutanten neben den Potentialen der heimischen Produktion vor allem die hemmende Wirkung der umstrittenen 10-H-Regelung deutlich. Andreas Scharf von der Ostwind GmbH Regensburg berichtete von einer außerordentlichen Vorsicht bei Entscheidungsträgern hinsichtlich des Baus von neuen Windkraftanlagen, die unmittelbar aus der geltenden Rechtslage resultiere. So habe die 10-H-Regelung, laut Scharf, viele Projekte und Investitionen der Ostwind AG zunichte gemacht.
Dass mit der aktuellen Energiepolitik in Bayern die Motivation für die Energiewende in der Gesellschaft insgesamt schwindet, ist eine These, die Bernhard Schmidt, Geschäftsführer der Energiegenossenschaft Neue Energie West, und Markus Sporrer, Geschäftsführer des Oberpfälzer Energieunternehmen SM-Energy GmbH, vertraten. Oft sei es schwer, unter den jetzigen Bedingungen regional generierte und damit klimafreundlichere Energie für die Konsumenten attraktiv zu machen, waren sich Schmidt und Sporrer einig.
Stromspeicherung und eine offensive Umweltbildung bieten neue Impulse für die Energiewende
Dabei sind die Potentiale gerade im Bereich der Stromproduktion durch Windkraft in Bayern groß. Der Professor für Erneuerbare Energien an der OTH Regensburg, Michael Sterner, verwies in seinem Vortrag darauf, dass bei einer Abstandsregelung von 5-H der eigene Strombedarf in Bayern mit Windkraft gedeckt wäre. Unter den gegenwärtigen Rahmenbedingungen sind jedoch nur noch 0,05% der Landesfläche Bayerns für den Bau von Windrädern verfügbar! Aus diesem Grund warb Sterner in Schwandorf zusätzlich für die Stromspeicherung, die im Gegensatz zum geplanten Energieimport mittels neuer Netztrassen kostengünstiger und damit die sinnvollere Versorgungsvariante für den Freistaat wäre. Gerade das Unternehmen Naturspeicher GmbH aus Neumarkt biete mit ihrem innovativen Naturstromspeicher eine vielversprechende Alternative für eine richtige Energiewende in der Region.
Eine optimistische Sicht lieferte auch Regensburgs Umweltbürgermeister Jürgen Huber. Besonders Regensburg sei im Bereich Energieeffizienz inzwischen sehr fortschrittlich, bemerkte Huber, und verwies dabei konkret auf die abwassergestützte Heiztechnik im Haus der Musik. Der grüne Kommunalpolitiker zeigte sich jedoch gleichzeitig von der Notwendigkeit überzeugt, die Menschen mitzunehmen und für den Klimaschutz aktiv zu begeistern. Huber gab sich zuversichtlich, dass die Oberpfalz mit einer breiten Umweltbildung und Sensibilisierungsprojekten wie das geplante Energiebildungszentrum in Regensburg gute Chancen habe, die Energiewende zu realisieren.
Bilanz: Energiewende heißt dezentral und partizipativ handeln
„Die Politik der Bayerischen Staatsregierung bremst die Energiewende ganz offensichtlich in vielfältiger Weise und schwächt dabei unsere Wirtschaft. Beides ist problematisch und schadet unserer Zukunft“, bilanzierte Mistol die Veranstaltung. „Wichtig ist deshalb, dass die Energiewende vor Ort und unter Beteiligung aller relevanten Akteure mitgestaltet wird, damit sie gelingt. Dafür werden wir Grüne uns weiterhin einsetzen.“