Wohnungslosigkeit hat viele Gesichter, weshalb sie nicht immer sofort sichtbar ist. Denn Obdach- und Wohnungslosigkeit sind zwei Seiten einer Medaille. Obdachlos ist, wer ohne festem Dach über dem Kopf auf der Straße lebt. Als wohnungslos gelten Menschen, die in Notunterkünften und Frauenhäusern leben, die bei Freunden und Verwandten unterkommen oder zur Untermiete leben, weil für eigene vier Wände das Geld nicht reicht. Bisher gibt es weder im Bund noch in Bayern eine amtliche Statistik zur Wohnungslosigkeit. Laut einer grünen Anfrage war die letzte veröffentlichte Erhebung im Freistaat 2014. Die Ergebnisse einer weiteren Erhebung aus 2017 wurden bisher nicht bekannt gemacht. Einzelne Zahlen aus bayerischen Großstädten wie München, Würzburg oder Nürnberg lassen jedoch befürchten, dass die Wohnungslosigkeit im Freistaat in den vergangenen Jahren stark angestiegen ist. Beispielsweise hat sich die Zahl der Wohnungslosen in der Landeshauptstadt München im Zeitraum von 2012 bis 2017 von 3.676 auf 6.158 Personen erhöht und damit nahezu verdoppelt. Grund für den Anstieg der Wohnungslosigkeit sind die steigenden Mietpreise sowie der Mangel an bezahlbarem Wohnraum – darunter vor allem die rückläufige Zahl an Sozialwohnungen. Um zielgenaue und bedarfsgerechte Hilfsangebote ausbauen zu können, muss das tatsächliche Ausmaß von Obdach- und Wohnungslosigkeit bekannt sein. Die Grüne Landtagsfraktion hat deshalb mit einem Dringlichkeitsantrag die Staatsregierung aufgefordert, umgehend die aktuellsten Zahlen vorzulegen sowie endlich eine jährlich erscheinende amtliche Statistik einzuführen. Die Koalitionsgemeinschaft von CSU und FW will zwar die Zahlen aus 2017 noch im 1. Quartal (also über 1,5 Jahre später!) vorlegen, sieht jedoch keinen Bedarf für eine landesweite Statistik. Stattdessen wälzt sie die Verantwortung für die Erhebung auf den Bund ab. Und verweist auf die angekündigte Stiftung Obdachlosenhilfe, die Kommunen bei der Unterstützung von wohnungslosen Menschen fördern soll. In welchem Umfang und wie man überhaupt gezielte Hilfe anbieten will, wenn man gar keine valide Datengrundlage hat, wie viele Menschen wohnungslos sind, lassen die Regierungsfraktionen offen. Die schwarz-orange Landesregierung verschließt die Augen vor dem Problem der Wohnungslosigkeit. Sobald die Zahlen aus 2017 vorliegen, wird die Grüne Landtagsfraktion jedoch erneut den Finger in die Wunde legen.