Die Gesetzesänderung des Staatsangehörigkeitsgesetz und die Einführung des eingeschränkten Geburtsortprinzips unter der rot-grünen Bundesregierung im Jahr 2000 war ein historischer Meilenstein in der Integrationspolitik in Deutschland. Doch diese Änderung ist auch schon 20 Jahre her. Gemeinsam mit Katharina Schulze, der Vorsitzenden der Grünen Landtagsfraktion in Bayern, Delija Balidemaj, Bezirkstag Oberbayern und Integrationsbeauftragter und Sadaf Balutsch, Studentin der Technischen Uni Dresden habe ich über systemischen und praktischen Hürden des Einbürgerungsverfahrens in Deutschland und Bayern diskutiert. Denn der Zugang zur deutschen Staatsbürgerschaft ist nicht nur für staatenlose Menschen wichtig, sondern auch für Menschen, die nach Deutschland zuwandern und deren Kinder, die hier geboren werden und aufwachsen. Welche Voraussetzungen müssen die Menschen für eine Einbürgerung erfüllen? Welche systemischen und praktischen Hürden hat das Einbürgerungsverfahren und wie können wir das ändern?
Trotz der Gesetzesänderung befinden sich die Einbürgerungszahlen im europäischen Vergleich auf den niedrigsten Plätzen. In Deutschland wird zu wenig eingebürgert. In den Bundesländern gibt es unterschiedliche Einbürgerungsquoten – während es in Hamburg, Schleswig-Holstein und Rheinland-Pfalz überdurchschnittlich eingebürgert wird, gibt es in Bayern und Baden-Württemberg niedrige Einbürgerungsquoten, wobei die Zahlen in Baden-Württemberg in den letzten Jahren wieder steigen. Ein wichtiger Faktor ist die Einbürgerungskultur in den Ausländerbehörden und das politische Engagement der verantwortlichen Institutionen Einbürgerungen zu vereinfachen.
2016 lebten in Bayern rund 3 Mio. Menschen mit Migrationshintergrund – das entsprach 22,9 Prozent der bayerischen Bevölkerung. Im Jahr 2018 lebten rund 817 194 Menschen, die sich seit mindestens 10 Jahren in Deutschland aufhalten und somit potenziell eingebürgert werden könnten. Tatsächlich werden jedoch im Durchschnitt nur 13 000 Menschen pro Jahr eingebürgert.
In Bayern werden seit Jahren systematische Hürden aufgestellt und Steine in den Weg der Antragssteller*innen gelegt, wenn es um die Berechnung der Aufenthaltszeiten, die Hinnahme von Mehrstaatigkeit oder die Bearbeitungsdauer der Einbürgerungsanträge geht. Kinder von Eltern ohne deutsche Staatsbürgerschaft, die hier geboren werden und aufwachsen, staatenlose Menschen und Menschen, die zu uns kommen und einen wertvollen Beitrag zur Gesellschaft leisten, werden vor unnötigen Hürden gestellt und werden in Ihrem Recht auf den deutschen Pass beschnitten. Anhand der zahlreichen Erfahrungsberichte von Betroffenen ist zu sehen, dass in Bayern noch ein großer rechtlicher Spielraum ungenutzt bleibt. Die Landesregierung kann entweder eine offensive Einbürgerungskampagne fahren und versuchen die Hürden in Bayern zu senken oder eine restriktive Politik betreiben, wie sie es schon seit Jahrzehnten handhabt.
Doch die Grünen sagen: Wir sind ein vielfältiges Bayern mit unterschiedlichen Kulturen, Lebensgeschichten und Hintergründen und jede*r Mitbürger*in verdient eine angemessene und faire Chance auf eine Einbürgerung. Die Grünen sehen, dass der Zugang zum deutschen Pass vielen Menschen erschwert oder ganz verwehrt wird. Ein besonderes Augenmerk sollten wir dabei auf die Kinder und Jugendliche haben, die wie Kinder von Eltern mit deutschem Pass gleichsam einen Anspruch auf eine Identität und Zugehörigkeit zu Deutschland haben.