Trotz schlechten Wetters war der Frühlingsempfang der Regensburger Grünen, der dieses Jahr ganz im Zeichen der Europawahl stand, in der Stadtkunst-Halle bestens besucht. Interessierte Mitglieder und Vertreter*innen von Stadtgesellschaft und Verbänden erfuhren zunächst bei zwei Diskussionsrunden von dem Wert der EU in unserem alltäglichen Leben sowie vom Wahlprogramm der Grünen.
In Runde eins stellte Mathilde Mahrenholtz, Vorsitzende der Jungen Europäischen Föderalist*innen (JEF), ihre Arbeit vor und erklärte, dass man nicht nur fragen müsse, was Europa für uns tue, sondern auch, was wir für Europa tun würden. Angesichts des kontinuierlichen Rechtsrucks innerhalb demokratischer Gesellschaften betonte Andie Wöhrle, bayerische Spitzenkandidatin für die Europawahl, dass Rechtsextremist*innen aus dem Europaparlament gehalten werden müssen, denn eines ihrer Anliegen sei es, die EU demokratischer zu machen und in Europa Gerechtigkeit und Gleichberechtigung zu erwirken. Jürgen Mistol wünschte sich für Europa mehr grenzüberschreitenden Austausch und Verständnis füreinander, sodass nicht nur der Frieden innerhalb, sondern auch nach außen gewahrt werden könne. Für stärkeren inneren Zusammenhalt sei es Andie Wöhrle zufolge aber auch nötig, Geld in die Hand zu nehmen und dieses gerechter zu verteilen, um die Landwirtschaft zu stärken, Tierschutz zu gewährleisten und die ökonomische Unabhängigkeit von Frauen zu fördern. Mathilde Mahrenholtz forderte, dass zur Gestaltung einer zukunftsstarken EU mehr auf junge Menschen gehört und deren Themen behandelt werden müssen. Andie Wöhrle erwiderte, dass dafür die Grünen unter anderem die Stärkung des Erasmus-Programms vorsehen und zukünftig auch größeres Bewusstsein über existierende Angebote für junge Menschen geschaffen werden muss, wie zum Beispiel bei der Verlosung von Interrail-Tickets an Jugendliche. Besonders die paneuropäische Mobilität stelle für junge Menschen eine immense Chance dar, unterstrich Jürgen Mistol. Denn das Schienennetz halte Europa zusammen und erleichtere die für jede Demokratie so wichtige Begegnung zwischen Menschen.
Das Thema Bahnfahren griff auch Maximilian Retzer, bayerischer Spitzenkandidat für die Europawahl, auf, indem er eine einheitliche Buchungsplattform für Zug-Tickets forderte. Trotz nötiger Verbesserungen habe die EU aber auch schon viel erreicht, besonders im Bereich der Beteiligung durch verschiedene Volksbegehren, aber auch mit dem Recht auf Reparatur oder dem Green Deal. Auch um rechtspopulistischer Agitation vorzubeugen müsse den Menschen bewusst gemacht werden, welche Vorteile die EU mit sich bringe und welche Gefahr Rechtsextremist*innen für Frieden, Freiheit und Wohlstand bedeuten würden. MdB Stefan Schmidt pflichtete dem bei und schloss auch aus den Erfahrungen mit der Arbeit der AfD im Bundestag, dass nicht nur früher Unsagbares mittlerweile wieder normalisiert worden sei, sondern auch die Debattenkultur insgesamt nachgelassen habe. Anke Gruber, politische Bildnerin bei Valentum, forderte, wieder jedem Menschen zuzuhören, auch wenn es manchmal schwerfalle, die Meinung anderer Menschen zu akzeptieren.
Dr. Anton Hofreiter, Vorsitzender des Europaausschusses im Bundestag, hielt bei seinem anschließenden Impuls-Vortrag zu Europa ein flammendes Plädoyer für die Verteidigung der Demokratie. Während Russland die aktuell größte Bedrohung der EU von außen darstelle, seien rechtsextreme Parteien als „5. Kohorte“ Russlands in den europäischen Mitgliedsstaaten auch dabei, die Demokratie von innen heraus auszuhöhlen. Früher sei es bei Wahlen „nur“ um die Auswahl und Rekrutierung demokratischer und proeuropäischer Politiker*innen gegangen, während mittlerweile das demokratische System vor legalistischer Unterwanderung durch Demokratiefeind*innen verteidigt werden müsse. Denn auch wenn rechtsextreme Abgeordnete demokratisch gewählt wurden, bedeute dies noch lange nicht deren demokratische Haltung. „Wahlen sind kein Waschvorgang; die braunen Flecken gehen dabei nicht aus dem Gehirn raus.“ Insofern müssten sich Konservative klar von der extremen Rechten distanzieren, aber auch Progressive müssten lernen, demokratische Konservative wertzuschätzen und diese als Verbündete und nicht als Feinde zu begreifen. Aber auch an anderen Stellen würden die Grünen alles dafür tun, Frieden, Freiheit und Wohlstand zu verteidigen. Vor allem die Klimaschutzpläne der EU seien dafür essentiell. Denn während sich der Planet und die Natur über Millionen von Jahren regenerieren könnten, blieben dem Menschen nur wenige Jahre, um noch größere Klimaschäden zu verhindern.