Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen!
Deutschland ist immer sehr schnell und sehr gern dabei, Vorgaben aus Brüssel nicht zu 100 %, sondern zu 150 % umzusetzen. Die Wohnimmobilienkreditrichtlinie ist ein gutes Beispiel dafür. Kolleginnen und Kollegen, deutsche Gründlichkeit ist eine Tugend, aber ich bin der festen Überzeugung: Man kann es auch übertreiben.
Kolleginnen und Kollegen von der CSU, nicht immer auf Brüssel schimpfen, sondern sich tatsächlich auch einmal an der eigenen Nase packen und die Kolleginnen und Kollegen im Bundestag entsprechend fordern, statt immer auf Brüssel zu zeigen: Das könnte das Motto des Tages sein.
(Beifall bei den GRÜNEN)
Kolleginnen und Kollegen, ein Leben in den eigenen vier Wänden ist der Wunsch vieler Menschen. Sie versprechen sich von einer Eigentumswohnung oder dem eigenen Haus eine gesteigerte Lebensqualität.
(Unruhe – Glocke des Präsidenten)
Sie möchten ihren Traum vom selbstbestimmten Wohnen oft bis in den Lebensabend hinein verwirklichen. Das Eigenheim steht für eine gewisse Sicherheit und kann gerade auch in Zeiten niedriger Zinsen und hoher Unsicherheit auf den Finanzmärkten ein wichtiger Baustein zur Vermögensbildung und zur Daseins- und Altersvorsorge sein.
Ich muss auch darauf hinweisen, dass die Mietsteigerung in Bayern in den letzten zehn Jahren ungefähr 40 % betragen hat. Das selbst genutzte Wohneigen- tum bietet eine von mehreren Möglichkeiten – das muss man ganz deutlich sagen –, individuelle Belastungen durch steigende Mieten zu verhindern. Es gibt auch andere Möglichkeiten. Man kann zum Beispiel Dauerwohnrechte im Genossenschaftswohnungsbau erwerben. Das ist eine Möglichkeit, auf die ich explizit hinweisen will.
Deutschland hinkt im internationalen bzw. im europa- weiten Vergleich mit einer haushaltsbezogenen Eigentumsquote von rund 46 % hinterher; dennoch ist die Tendenz stark steigend. Mehr als 54 % der Menschen in Deutschland wohnen mittlerweile im eigenen Haus oder in der eigenen Wohnung. Dieser positive Trend soll sich auch in den nächsten Jahren weiter fortsetzen. Dem steht aber die geltende Gesetzeslage entgegen.
Kolleginnen und Kollegen, die Erfahrungen mit der nationalen Umsetzung der EU-Wohnimmobilienkreditrichtlinie in deutsches Recht belegen, dass die Kredit- vergabe an Bürgerinnen und Bürger in vielfältiger Weise eingeschränkt wird, gerade bei altersgerechten Umbaumaßnahmen, bei Gebäudesanierungen, bei der Altersvorsorge mit selbst genutztem Wohneigentum, bei der Kreditaufnahme für Konsumzwecke sowie bei Abschlussfinanzierungen. Betroffen sind vor allem Menschen, die zwar Immobilienvermögen besitzen, aber über sehr geringe laufende Einnahmen verfügen. Dabei würde die EU-Richtlinie erlauben, von einer übermäßig rigiden Bonitätsprüfung abzusehen. Diese Option wurde allerdings leider bei der nationalen Umsetzung in Deutschland gestrichen.
(Unruhe – Glocke des Präsidenten)
Diese Einschränkungen haben zur Folge, dass Grund- und Immobilienvermögen faktisch entwertet werden. Der Traum von den eigenen vier Wänden mit den eingangs erwähnten Vorteilen ist dann ausgeträumt. Zudem wird die verschärfte Umsetzung der dringend notwendigen energetischen Gebäudesanierung ausgebremst.
Bei der Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie gibt es aber sicherlich noch mehr zu kritisieren. Dazu zählen beispielsweise Regelungen zum Widerrufs- recht, zu Vorfälligkeitsentschädigungen sowie zu Dis- positions- und Überziehungszinsen. Auch vor diesem Hintergrund halten wir GRÜNE eine Nachbesserung beim Umsetzungsgesetz im Sinne verbesserter Verbraucherrechte für dringend erforderlich, damit auch einkommensschwache Bevölkerungsgruppen weiterhin von Grund- und Immobilienvermögen profitieren können. Wir unterstützen daher die Intention der vor- gelegten Anträge.
(Beifall bei den GRÜNEN)