Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen!
Wer im Glashaus sitzt, Herr Baumgärtner, der sollte sich hüten, mit Steinen nach Berlin zu werfen. Sie sollten zumindest die Fenster aufmachen und etwas lüften, bevor Sie Steine nach draußen werfen; denn es ist klar, dass es in Zeiten von Krieg, Inflation, gestörten Lieferketten und eines eklatanten Fachkräftemangels ungleich schwieriger ist, selbstgesteckte Ziele zu erreichen. Das müssten selbst Sie verstehen.
(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)
Die Staatsregierung hat ihre eigenen Ziele nicht erreicht, als die Rahmenbedingungen noch wesentlich besser waren. Das ist der Unterschied.
(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)
Um die Pariser Klimaschutzziele zu erreichen, muss auch der Bausektor seine Emissionen in den kommenden zwei Jahrzehnten auf null senken. Wo sind denn da Ihre Vorschläge, Ihre Ziele? Dieses exorbitant wichtige Thema haben Sie noch gar nicht richtig auf der Platte. Es wäre wirklich höchste Zeit!
Schauen wir uns doch einmal an, was alles versprochen wurde und wie viele Versprechen Markus Söder gebrochen hat. "Für bezahlbares Wohnen" lautet die Unterüberschrift im Kapitel "Menschliches Bayern" Ihres Koalitionsvertrages von 2018. Darunter folgen dann sehr schöne Worte und durchaus auch ambitionierte Ziele, um bezahlbaren Wohnraum im Freistaat zu schaffen. Doch ein halbes Jahr vor der Landtagswahl muss man feststellen, dass Ihre Wohnbauziele wie Seifenblasen zerplatzen. Das ist kein Wunder: Je mehr Luft man in eine Seifenblase bläst, desto wahrscheinlicher ist es auch, dass sie platzt. Es rächt sich eben bis heute – Kollege von Brunn hat schon darauf hingewiesen –, dass Markus Söder als Finanzminister das wohnungspolitische Tafelsilber des Freistaates Bayern, die 33.000 GBW-Wohnungen, leichtsinnig verscherbelt hat.
(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)
Weil auch vier Bauminister*innen binnen vier Jahren keine Wunder wirken können und das Auswechselkontingent jetzt erschöpft ist, fallen Ihnen Ihre hehren Versprechungen beim Wohnungsbau nun krachend auf die Füße. Von dem von Herrn Söder bis 2025 versprochenen Bau von 10.000 bezahlbaren Wohnungen der BayernHeim werden bis dahin – wenn kein Wunder geschieht, aber vielleicht gibt es hier ja welche, die Wunder wirken können – gerade einmal 7 % fertiggestellt sein, und das mit Ansage, denn dieses Prestigeprojekt war von Anfang an doch ein sehr behäbiger Scheinriese.
Man muss es sich vielleicht noch einmal vergegenwärtigen: Diese dritte staatliche Wohnbaugesellschaft wurde gegründet, um selbst auf staatlichen Grundstücken bezahlbaren Wohnraum zu bauen. Stattdessen hat sie jetzt Wohnungen gekauft, die ohnehin den Bestimmungen der staatlichen Wohnraumförderung unterliegen. Auf den staatlichen Grundstücken geht nichts voran, weil die BayernHeim diese zumindest bislang zum Verkehrswert erwerben muss. Das Versagen der BayernHeim ist wirklich hausgemacht. Es ist kein Wunder, dass an dieser Unternehmensstrategie auch der ORH scharfe Kritik übt. Fazit: Markus Söder ist einer der besten Luftschlossbauer der Welt, aber in einem Luftschloss kann halt leider niemand wohnen.
(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)
Auch sonst werden die Wohnbauziele verfehlt. Laut schwarz-orangem Koalitionsvertrag sollen bis 2025 in Bayern insgesamt 500.000, also jährlich rund 70.000 Wohnun- gen entstehen. Tatsächlich waren es im Schnitt um die 60.000, und da lief der Motor der Baubranche ja wirklich noch auf Hochtouren.
Nicht nur die Gletscher in den Bayerischen Alpen, sondern auch der Bestand an Sozialwohnungen in Bayern schmilzt weiter besorgniserregend ab: zwischen 2011 und 2021 immerhin um 16 %; das ist nicht wenig. Das Ende ist noch nicht in Sicht, denn weiterhin fallen mehr Wohnungen aus der Bindung heraus, als neue hinzukommen.
Der Mangel an bezahlbarem Wohnraum zeigt sich zunehmend auch daran, dass die Wohnungslosigkeit im Freistaat steigt. Nach der aktuellen bundesweiten Erhebung zur Wohnungslosigkeit sind in Bayern mindestens 18.000 Menschen wohnungslos. Der Fünfte Sozialbericht zur sozialen Lage in Bayern geht gerade einmal von 9.400 wohnungslosen Personen aus und bildet die reale Situation nicht ab. Auch die Zahl der Zwangsräumungen ist im vergangenen Jahr in Bayern um 20 % gestiegen. Die Ent- wicklung im Freistaat verläuft damit gegen den rückläufigen Bundestrend. Das ist ein Armutszeugnis für ein reiches Land wie Bayern.
(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)
Ich bin seit 2013 Mitglied des Landtags und zugleich wohnungspolitischer Sprecher meiner Fraktion. Seither gab es 2014 das Jahr des Wohnungsbaus. 2016 bis 2019 gab es den Wohnungspakt Bayern. Man muss feststellen: jeweils mit mäßigem Erfolg. Doch selbst die positiven Ausschläge bei der Wohnraumförderung machen Sie mit gekonnter Regelmäßigkeit in der Art einer Echternacher Springprozession – zwei Schritte vor, einen zurück – immer wieder zunichte, weil es Ihrer Wohnungspolitik an Verlässlichkeit und Kontinuität fehlt.
(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)
Während die Ampel die Bundesmittel für den Sozialwohnungsbau verdoppelt hat, stellt das Land keine zusätzlichen Mittel bereit. Nun soll es also der Wohnbau-Booster richten. Das sind auch wieder ein paar schöne Ankündigungen, schick verpackt. Es hat auch mal jemand uns GRÜNEN zugehört, denn es werden – mein Erstaunen war groß – einige unserer grünen Forderungen aufgegriffen, die die CSU-Kolleginnen und –Kollegen in den vergangenen Monaten noch vehement und wortreich abgelehnt hatten: Die verbilligte Abgabe staatlicher Grundstücke für den Wohnungsbau, die Weiter- entwicklung der Wohnraumförderung inklusive der Verlängerung der Belegungsrechte oder die Stärkung der Innenentwicklung tragen klar unsere grüne Handschrift.
(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)
Wo Licht ist, ist aber auch Schatten: Ohne die deutliche Aufstockung der Bundesmittel wäre die von Ihnen so gerühmte Wohnungsmilliarde deutlich zusammengeschrumpft, Herr Staatsminister Bernreiter. Im aktuellen Entwurf für den Haushalt stellen Sie nämlich keinen einzigen zusätzlichen Cent zur Verfügung. Da kommt das viele zusätzliche Geld aus Berlin trotz aller Unkenrufe wie gerufen, um das eigene ramponierte Image aufzupolieren.
(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)
Wir GRÜNE sehen in der staatlichen Wohnraumförderung den Königsweg, mit dem langfristig ein bezahlbarer und auch ein barrierefreier Mietwohnungsbestand geschaffen werden kann. Die Wohnraumförderung muss deshalb deutlich ausgebaut und auch kontinuierlich weiterentwickelt werden, zum Beispiel durch Einbeziehung der Grundstücks– und Baunebenkosten. Mit steuerlicher Förderung und Investitionszulagen wollen wir GRÜNE Dritte bei der Beschaffung bezahlbaren Wohnraums gezielt fördern.
Das genossenschaftliche Wohnen als dritte Säule der Wohnraumversorgung neben dem selbst genutzten Wohneigentum und dem Wohnen zur Miete muss im Freistaat dringend gestärkt werden. Andere Bundesländer sind uns dabei wirklich einen großen Schritt voraus. Den Erwerb von Wohneigentum wollen wir GRÜNE durch die flexible Gestaltung der Grunderwerbsteuer zum Beispiel in Form eines Freibetrags für selbstgenutztes Wohneigentum fördern und vor allem den Bestandserwerb lukrativ gestalten.
In Zeiten hoher Energiepreise übernehmen wir GRÜNE Verantwortung, indem wir mit einem Sozialwärmefonds und der energetischen Sanierung von Sozialwohnungen Menschen mit einem schmalen Geldbeutel nicht alleine lassen. Angesichts der hohen Belastungen durch Energie– und Nebenkosten wollen wir zudem durch eine Neuausrichtung des Mietrechts die Preisspirale bei den Mieten durchbrechen; das ist auch bitter nötig.
(Beifall bei den GRÜNEN)
Spekulationen mit Grund und Boden wollen wir GRÜNE mit einer Grundsteuer C eindämmen sowie Kommunen beim Aufbau kommunaler Flächenreserven für den Wohnungsbau unterstützen, beispielsweise in Form eines Grundstücksfonds zum Zwischenerwerb.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie sehen: Es gibt zahlreiche Baustellen und sanierungsbedürftige Ruinen in der bayerischen Wohnungspolitik, aber es gibt auch Hoffnung. Der Glaube allerdings, dass Markus Söder und die CSU die aufgezeigten Pro- bleme glaubwürdig abarbeiten und diese Staatsregierung ausreichend bezahlbaren Wohnraum schafft, ist mir und vielen anderen Menschen hier in diesem schönen Land längst abhandengekommen. Es ist sonnenklar: Bayern hat eine bessere Regierung verdient.
(Beifall bei den GRÜNEN sowie Abgeordneten der SPD)