Rede Jürgen Mistol
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen!
Ich hätte gern eine Staatsregierung, die verfassungskonforme Gesetze vorlegt. Ich hätte auch gerne eine Landtagsmehrheit, die verfassungskonforme Gesetze beschließt.
(Beifall bei den GRÜNEN)
Der Bayerische Verfassungsgerichtshof hat Sie erneut in die Schranken gewiesen und Ihnen einen Grundkurs in den Werten unserer Verfassung geben müssen. Es war gut und richtig, dass wir GRÜNE gegen Ihr Spaltungsgesetz geklagt haben. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU, dass nun ausgerechnet die AfD und nicht Ihr Koalitionspartner das Gesetz verteidigt, müsste Ihnen zu denken geben.
(Beifall bei den GRÜNEN)
Die "deftige Watschn" wie die "SZ" gestern getitelt hat, hätten Sie sich ersparen können. Ich erinnere mich noch gut an den 8. Dezember 2016 hier im Landtag. Damals haben wir in einer Marathonsitzung 16 Stunden lang bis um 05:08 Uhr über ihr Spaltungsgesetz debattiert. Herr Kollege Kreuzer – er ist jetzt schon wieder weg –, Sie und Ihre Fraktion haben es vielleicht schon wieder verdrängt, dass da- mals unsere Kolleginnen und Kollegen – ich nenne nur die Kolleginnen Bause, Kamm, Gote sowie Herrn Kollegen Dürr und andere GRÜNE und Oppositionspolitiker – mit all unserer parlamentarischen Kraft versucht haben, Sie zu stoppen. Sie haben aber bestimmt nicht die vielen Tausend Menschen vergessen, die damals in den Verbänden, bei den Kirchen und auf der Straße bei den "Ausgehetzt"-Demos gegen Ihre Politik protestiert haben. Vorgestern war sicherlich für alle Menschen, die sich für Geflüchtete und für Integration einsetzen, ein Freudentag.
(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)
Ihr Spaltungsgesetz hat die Gesellschaft auseinandergetrieben. Es hat Unfrieden geschürt. Frau Brendel-Fischer, ich bin davon überzeugt, dass Sie 2016 eben nicht von der Sorge getrieben waren, wie Integration am besten gelingen kann. Sie waren stattdessen von der Sorge getrieben, wie Sie bei der Landtagswahl Ihre absolute Mehrheit verteidigen können. Es ging Ihnen also um die Macht, der Sie bekanntlich sehr viel unterordnen.
(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD – Zurufe von der CSU: Oje!)
Kolleginnen und Kollegen, wir GRÜNE ticken da anders. Wir wollen den Zusammenhalt in der Gesellschaft stärken. Wir sagen Ja zur gleichberechtigten Teilhabe an Arbeit, Bildung, Kultur und gesellschaftlichem Leben. Unsere Maßstäbe für die Integration lauten: gleiche Würde aller Menschen, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. Wir wollen Integration auf der Basis der Bayerischen Verfassung und des Grundgesetzes. Wir bauen Brücken.
Deshalb war der Gesetzentwurf der GRÜNEN zur Integration ein Gesetzentwurf für den Zusammenhalt. Ihre Schlappe vor dem Bayerischen Verfassungsgerichtshof ist deshalb für uns auch ein Auftrag, erneut einen Gesetzentwurf zur Integration und für den Zusammenhalt in unserem Land einzubringen. Kollegin Demirel hat darauf verwiesen.
Wir GRÜNE wissen, dass Bayern schon immer ein Ort des Zusammenlebens von Menschen unterschiedlicher Herkunft, Biografie und kultureller Prägung war. Gera- de die vielerorts gelebte Vielfalt und die damit verbundene gesellschaftliche Dynamik machen das moderne Bayern aus. Wir können es uns nicht mehr leisten, wichtige Weichenstellungen nicht rechtzeitig vorzunehmen. Wir gefährdeten damit nicht nur die Zukunftschancen der einzelnen Menschen, sondern ganz grundsätzlich den gesellschaftlichen Zusammenhalt und auch die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit Bayerns. Ich kann beispielsweise bis heute nicht fassen, wie Sie als christliche Partei weiterhin Menschen ins unsichere Afghanistan abschieben können.
(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)
Ich kann weiterhin nicht glauben, dass es unseren Unternehmerinnen und Unternehmern immer noch so schwer gemacht wird, Auszubildende im Rahmen der 3+2-Regelung einzustellen. Sie sind gut darin, Abschiebegefängnisse und Ankereinrichtungen zu bauen.
(Tobias Reiß (CSU): Wir sind bei der 3+2-Regelung besser als jedes andere Bundesland!)
– Lieber Kollege Reiß, so geht Integration aber nicht. (Zuruf des Abgeordneten Sandro Kirchner (CSU))
Integration bedeutet Zugang zu Bildung, Sprache, Arbeit, Kultur sowie zum gesellschaftlichen Leben. Integration bedeutet auch, klare Kante gegen alle zu zeigen, die gegen Geflüchtete hetzen und einen Spaltpilz in die Gesellschaft treiben. Denn wer ausgrenzt, spaltet; wer spaltet, schwächt das Land. Zusammenhalt macht uns stark, und gemeinsam gewinnen wir.
(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)