Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen!
Boden ist wie Luft und Wasser unvermehrbar und unverzichtbar. Der Boden ist der Dreh- und Angelpunkt für bezahlbares Wohnen, für lebenswerte Städte. Eine aktive und gemeinwohlorientierte Boden- und Liegenschaftspolitik in Bund, Ländern und Kommunen ist Voraussetzung für eine nachhaltige Entwicklung auf dem Wohnungsmarkt. Das ist auch die einhellige Meinung diverser Expertinnen und Experten, die sich in jüngster Vergangenheit dezidiert mit der Bodenfrage beschäftigt haben. Ich erwähne nur beispielhaft die Münchner Initiative für soziales Bodenrecht. Doch im Freistaat bleiben diese Empfehlungen bislang allesamt ungehört.
Ich darf daran erinnern, dass die demokratischen Oppositionsfraktionen im Frühjahr mit Müh und Not eine Anhörung im Bauausschuss zur staatlichen Liegenschaftspolitik durchsetzen konnten. Diese war zunächst am Widerstand von CSU und FREIEN WÄHLERN im Haushaltsausschuss gescheitert, vermutlich weil Sie das befürchteten, was in der Anhörung von den geladenen Expertinnen und Experten bestätigt wurde, dass nämlich die Liegenschaftspolitik im Freistaat reformbedürftig ist; denn diese orientiert sich bisweilen am größtmöglichen Gewinn, nicht aber am Gemeinwohl.
Von den geladenen Expertinnen und Experten wurde einhellig empfohlen, staatliche Liegenschaften vergünstigt für bezahlbaren Wohnraum bereitzustellen. Auf Bundesebene wird das bereits seit vielen Jahren praktiziert. Auch in Baden-Württemberg wird das so praktiziert. In Bayern steht dem das Haushaltsrecht entgegen, was aber nicht heißt, dass man das nicht ändern könnte. Man müsste es halt auch wollen.
(Beifall bei den GRÜNEN)
Kolleginnen und Kollegen, aus diesem Grunde unterhalten wir uns heute über diese zwei vorliegenden Initiativen, die die Voraussetzung für eine verbilligte Abgabe schaffen wollen. Mit unserem Antrag haben wir GRÜNEN den Regierungsfraktionen bereits im Sommer ein niederschwelliges Angebot gemacht, eine verbilligte Abgabe zum Zwecke des sozialen Wohnungsbaus im nächsten Haushaltsgesetz in Verbindung mit einer Verbilligungsrichtlinie zu regeln. Laut Artikel 81 der Bayerischen Verfassung darf das Grundstockvermögen in seinem Wertbestand nur auf- grund eines Gesetzes verringert werden. Das Haushaltsgesetz ist ein Gesetz.
Langfristig könnte und sollte die verbilligte Veräußerung landeseigener Liegenschaften für den sozialen Wohnungsbau und für weitere soziale Zwecke direkt in der Haushaltsordnung geregelt werden. Wobei ich gleichzeitig klarstellen muss, dass eine Abgabe unter Verkehrswert keineswegs eine einseitige Leistung darstellt, werden doch als Gegenleistung bezahlbare Wohnungen zur Erfüllung der Daseinsvorsorge geschaffen. Das entspricht wiederum dem Verfassungsauftrag gemäß Artikel 106 der Bayerischen Verfassung.
Neben einer entsprechenden Regelung im Haushaltsgesetz kann mit einer Verbilligungsrichtlinie die Ausgestaltung konkretisiert werden. Dazu gehören für uns selbstverständlich eine Zweckbindung zur Schaffung von sozialem Mietwohnraum sowie ein Erstzugriffsrecht für Gebietskörperschaften und kommunale Wohnungs- unternehmen. Grundsätzlich sollten Landesgrundstücke, wann immer dies möglich ist, im Erbbaurecht vergeben werden. Die Erfüllung des Vertragszwecks kann zudem durch weitere Pflichten für Käufer und Erbbauberechtigte gesichert werden.
Die SPD hat nun einen Gesetzentwurf vorgelegt, der dem Verbilligungsgesetz entspricht, das Bayern im Jahr 2004 nach weniger als zehn Jahren wieder außer Kraft gesetzt hat. Die Intention dieses Gesetzes teilen wir. Wir sehen aber noch einige offene Fragen, die es im weiteren Verlauf der parlamentarischen Beratung zu klären gilt.
Ich will gar nicht mehr näher auf den Gesetzentwurf der SPD eingehen. Dafür ist die Zeit schon zu knapp. Ich freue mich jedenfalls auf eine vertiefte Diskussion in den zuständigen Ausschüssen und bitte gleichzeitig um Zustimmung zu unserem Antrag, der die Leitplanken für eine verbilligte Abgabe von Grundstücken in Bayern setzt.
Kolleginnen und Kollegen der CSU und der FREIEN WÄHLER, Ihnen wurden jetzt von der SPD und von den GRÜNEN zwei unterschiedliche Wege vorgeschlagen, die zum gleichen Ziel führen sollen. Sollten Sie den Gesetzentwurf der SPD ebenso ablehnen wie unseren Antrag, dann erwarte ich von Ihnen schon, dass Sie selbst etwas vorlegen. Wir feiern heute 75 Jahre Bayerische Verfassung. Sie müssen schon zeigen, wie Sie den Artikel 106 und den Artikel 161 mit der praktischen Politik in Einklang bringen wollen.
(Beifall bei den GRÜNEN)
Ich erwarte von Ihnen, dass Sie, sollten Sie diese Initiativen ablehnen, selbst etwas vorlegen. Oder Sie sagen offen und ehrlich: Wir wollen staatliche Grundstücke nicht verbilligt abgeben. Das wäre auch eine klare Aussage.
(Beifall bei den GRÜNEN)