Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen!
Als ich vor fünfeinhalb Jahren hier als wohnungspolitischer Sprecher im Landtag angefangen habe, war die erste Lektion, dass mir klar wurde: In der Wohnungspolitik gibt es keine einfachen Lösungen. Es gibt schon deshalb keine einfachen Lösungen, weil die Problemlagen sogar in Bayern schon ganz unterschiedlich sind. Der Instrumentenkasten muss für alle Regionen in Bayern etwas vorhalten, sowohl für einen Bal- lungsraum wie München als auch für einen Landkreis wie Tirschenreuth. Man braucht also ganz unterschiedliche Instrumente, um die Probleme in der Wohnungspolitik bewältigen zu können. Wer also glaubt, mit Enteignungen löse man Probleme des Wohnungsmarktes, der ist genauso auf dem Holzweg wie die, Herr Kollege Körber, die meinen, der Markt regelt es schon und Selbstverpflichtungen der Wirtschaft seien vollkommen ausreichend.
(Beifall bei den GRÜNEN)
Gerade weil das Dach über dem Kopf ein knappes und wertvolles Gut ist, darf es nicht den Kräften des Marktes überlassen werden. In der Debatte darf es auch nicht nur darum gehen, dass wir versuchen, die hohen Gestehungskosten bei den Wohnungen herunterzufahren, damit Investoren günstiger bauen können. Nein, Wohnen ist ein Grundrecht. Uns GRÜNE treibt an, dass sich immer mehr Menschen keine bezahlbare Wohnung mehr leisten können. Wir fühlen uns Artikel 106 Absatz 1 der Bayerischen Verfassung verpflichtet, der lautet: "Jeder Bewohner Bayerns hat Anspruch auf eine angemessene Wohnung."
(Lebhafter Beifall bei den GRÜNEN)
Das heißt für uns GRÜNE: So viel bauen wie nötig, Verdrängung stoppen, Grundstücksspekulationen beenden und bezahlbaren Wohnraum dauerhaft erhalten. Dafür haben wir Ihnen heute ein ganzes Maßnahmenbündel vorgelegt, das es umzusetzen gilt. Lassen Sie mich auf einige Punkte eingehen. Allem voran müssen wir dem sozialen Wohnungsbau endlich Vorfahrt einräumen. Das heißt, der Schwerpunkt muss dauerhaft auf dem Mietwohnungsbau liegen. Außerdem brauchen wir Maßnahmen, um Wohnraum wirklich langfristig in der Bindung zu halten, und im Rahmen der Wohnraumförderung muss insbesondere das genossenschaftliche Wohnen deutlich gestärkt werden.
(Beifall bei den GRÜNEN)
Das ist der erste Punkt. Der zweite Punkt: Bauland ist knapp und teuer. Deshalb sollten Grundstücke der öffentlichen Hand auf allen Ebenen verbilligt für den Wohnungsbau zur Verfügung gestellt werden. Das gilt gerade auch für die Grundstücke des Freistaates Bayern. Das passiert aber noch nicht; auch diese Grundstücke werden in der Regel zum Höchstpreis vergeben. Da hätte man es selbst in der Hand, einmal ein Zeichen zu setzen und für günstigere Grundstückspreise zu sorgen. Auch Spekulationen mit baureifen Grundstücken kann man unterbinden, wenn man wirklich will, auch die Steuervermeidung durch Share Deals. Zu den explodierenden Baulandpreisen: Dazu findet sich in dem Dringlichkeitsantrag der FREIEN WÄHLERN und der CSU leider keine Silbe. Deshalb kann man diesem Antrag nicht zustimmen. Er geht einfach nicht weit genug.
(Beifall bei den GRÜNEN)
Kolleginnen und Kollegen, was die Anträge von AfD und FDP angeht, so werden wir beide ablehnen. Zur AfD möchte ich gar nicht viele Worte verlieren. Vorschläge zur wirksamen Bekämpfung der Wohnungsnot kann ich zumindest in diesem Antrag nicht erkennen.
Die Reaktion der FDP, Artikel 15 aus dem Grundgesetz streichen zu wollen, halten wir GRÜNEN für eine überzogene Reaktion. Herr Kollege Körber, Sie haben vom Dammbruch gesprochen und von einer Diskursverschiebung, was Robert Habeck, der heute viel Zitierte, gemacht hätte. Wenn Sie jetzt fordern, Artikel 15 aus dem Grundgesetz zu streichen, dann ist das ein Dammbruch, eine Diskursverschiebung.
(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)
Wir stimmen deshalb dagegen. Wenn Ihnen das Volksbegehren in Berlin nicht schmeckt und Sie deshalb gleich eine solch drastische Maßnahme fordern, dann ist das Ihre Sache. Artikel 15 ist nicht mein Lieblingsartikel im Grundgesetz, aber er steht für eine gewisse Offenheit unserer Wirtschaftsordnung. Er ist nicht unwichtig, denn er gewährt auf jeden Fall den Primat der Politik. Den sollten wir uns nicht selbst nehmen.
(Beifall bei den GRÜNEN)
An den Grundfesten unserer Verfassung sollten wir nicht reflexhaft rütteln.
Kolleginnen und Kollegen, abschließend: Eigentum ist ein wertvolles Grundrecht. Eigentum verpflichtet aber gleichermaßen. Darüber sollten wir uns einig sein. In diesem Sinne bitte ich um Zustimmung zu unserem Antrag.
(Beifall bei den GRÜNEN)