Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen!
Allerheiligen und der damit für viele gläubige Menschen selbstverständliche Besuch der Gräber zum Gedenken an verstorbene Angehörige sind gerade ein paar Tage her. Beim Anblick der schön geschmückten Gräber sollten wir uns aber immer wieder vor Augen führen, dass noch immer der Stein für viele prächtige Grabmale unter schwierigen und schändlichsten Arbeitsbedingungen von Kinderhänden gebrochen wurde. Seit Jahren fordern wir GRÜNE, aber nicht nur wir GRÜNE, Grabsteine aus Kinderarbeit endlich aus den kommunalen Friedhöfen zu verbannen.
(Beifall bei den GRÜNEN)
Bereits 2009, also vor sechs Jahren, hatte sich der Landtag einstimmig verpflichtet, die notwendige Rechtsgrundlage für den Ausschluss von Produkten aus ausbeuterischer Kinderarbeit in Friedhofssatzungen zu schaffen. Außer großer Ankündigungen und Versprechungen ist bisher nichts passiert, obwohl im Landtag und auch in der bayerischen Bevölkerung großer Konsens darüber herrscht, dass Produkte aus Kinderarbeit nicht länger geduldet werden. Das verdeutlicht zumindest die Chronologie der Initiativen aus den letzten sechs Jahren. Es hat schon einige gegeben, worauf ich jetzt nicht näher eingehen will.
Nur so viel: Ein Gesetzentwurf der SPD zu diesem Thema wurde von Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU, zuletzt mit der Begründung abgelehnt, er entspreche nicht den Forderungen des Bundesverwaltungsgerichts; Sie wollten zunächst die Urteilsbegründung abwarten. Seither sind auch schon wieder zwei Jahre ins Land gezogen. Kommunen wie München oder Nürnberg, die in ihren Friedhofssatzungen Grabsteine aus Kinderarbeit bereits verboten haben, wurden damit unnötigerweise mehr als zwei Jahre im Regen stehen gelassen.
Von dem von der Staatsregierung vor der letzten Sommerpause in Aussicht gestellten Gesetzentwurf fehlt weiterhin jede Spur. Dass wir GRÜNE deswegen mehr als ungeduldig sind, liegt auf der Hand. Dies hat uns nun veranlasst, erneut eine eigene parlamentarische Initiative zu ergreifen.
Kolleginnen und Kollegen, Regelungen, die es Friedhofsträgern ermöglichen, nur Grabmale zuzulassen, die in der gesamten Wertschöpfungskette nachweislich ohne ausbeuterische Kinderarbeit hergestellt worden sind, gibt es bereits seit einigen Jahren im Saarland und auch in Baden-Württemberg. Weil es derzeit an einem anerkannten Nachweissystem für Grabmale fehlt, hat die baden-württembergische Landesregierung ganz aktuell ein Gesetz auf den Weg gebracht, das die bestehenden Vorschriften über die Nachweispflicht präzisiert. Unser Gesetzentwurf korrespondiert mit dieser neuen Regelung aus Baden-Württemberg.
Mit dem hier und heute vorgelegten Gesetzentwurf soll nun endlich auch im Freistaat eine Rechtsgrundlage geschaffen werden, die Friedhofsträger zum Erlass von Satzungen ermächtigt, mit denen sie Grabmale aus Kinderarbeit verbieten und gleichzeitig Anforderungen an den zu erbringenden Nachweis festlegen können. Dafür wird Artikel 9 des bayerischen Bestattungsgesetzes entsprechend ergänzt.
Zudem ist ein abgestuftes Verfahren für die Nachweisführung vorgesehen. Bei Grabmalen, die im europäischen Wirtschaftsraum sowie in der Schweiz her- gestellt wurden, ist der Nachweis automatisch erbracht. Das Sozialministerium kann diesen automatischen Nachweis zudem auf weitere Länder ausdehnen, wenn diese den Anforderungen genügen. Als Zertifikate sind beispielsweise die Siegel von Fair Stone, der IGEP Foundation und XertifiX zu nennen. Wenn ein Händler diese Zertifikate nicht vorlegen kann, ist eine Zusicherung, dass er sich über den Ausschluss von Kinderarbeit vergewissert hat, erforderlich. Diese Zusicherung ist beispielsweise dann er- bracht – so steht es in unserem Gesetzentwurf -, wenn sich der Händler vor Ort ein Bild gemacht hat oder wenn es im Herkunftsland ein entsprechendes Nachweisregime gibt, welches Kinderarbeit aus- schließt. Damit werden vom Gesetzgeber Anforderungen gesetzlich verankert, die Friedhofsträgern und Steinmetzen gleichermaßen Rechtssicherheit bringen, die aber auch gleichzeitig den Vorgaben des Bundesverwaltungsgerichts Rechnung tragen.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie uns keine weitere Zeit verlieren und lassen Sie uns endlich Nägel mit Köpfen machen, um dem schmutzigen Geschäft mit Grabsteinen aus Kinderhand ein für alle Mal das Wasser abzugraben.
(Beifall bei den GRÜNEN)
Ich freue mich auf eine vertiefte Diskussion im Ausschuss. Vielleicht liegt bis dahin, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU, auch der lange angekündigte Gesetzentwurf der Staatsregierung vor.
(Beifall bei den GRÜNEN)
Wortmeldung Jürgen Mistol
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen!
Ich habe mich noch mal zu Wort gemeldet, nachdem mich der Kollege von Lerchenfeld direkt angesprochen hat. Ich möchte zunächst einmal meiner Freude darüber Ausdruck verleihen, dass ein Gesetzentwurf der Staatsregierung zu diesem Thema tatsächlich noch für November angekündigt worden ist. Zurückstellen werden wir unseren Gesetzentwurf jetzt nicht.
Ich hebe hervor, dass Baden-Württemberg sich jetzt sozusagen getraut hat, etwas vorzulegen, und das Risiko eingeht, dass es eine gerichtliche Überprüfung gibt. Ich hätte mir schon gewünscht – das hat auch Frau Weikert gesagt -, dass die Bayerische Staatsregierung mutig gewesen wäre und selbst etwas vorgelegt hätte. Gerichtlich überprüft wird zurzeit wahrscheinlich alles. Dass man dabei manchmal nicht obsiegt, liegt in der Natur der Sache. Aber wenn man es nicht versucht, wird man auch nicht zu einer Lösung kommen.
Ich bin schon sehr gespannt, wie der Gesetzentwurf der Staatsregierung aussehen wird. Wenn nach der Diskussion beider Gesetzentwürfe – ich gehe davon aus, dass sie im zuständigen Ausschuss zusammen beraten werden -, feststeht, dass der eine Gesetzentwurf besser ist als der andere, werden wir GRÜNE natürlich dem besseren zustimmen.
(Beifall bei den GRÜNEN)