Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen!
Boden ist ein knappes Gut. Gleichzeitig unterscheiden sich Grund und Boden von anderen Gütern, deren Preis am Markt durch Angebot und Nachfrage bestimmt wird; denn Grund und Boden sind prinzipiell nicht vermehrbar und gleichzeitig unverzichtbar. Der Boden ist deshalb in vielen Regionen zum lukrativen Spekulationsobjekt geworden. Steigende Preise haben wiederum steigende Bau- und Wohnungskosten zur Folge, was wiederum zur Verdrängung führt und den sozialen Zusammenhalt in unserer Gesellschaft gefährdet.
Bei derartigen Fehlentwicklungen ergibt sich eine besondere Verpflichtung, staatlich einzugreifen. Wir GRÜNE sagen: Das Allgemeingut Boden darf nicht den Kräften des Marktes überlassen werden. Der Umgang damit muss sich am Gemeinwohl orientieren, und das auf allen politischen Ebenen.
(Beifall bei den GRÜNEN)
Das öffentliche Eigentum an Grund und Boden ist ein großer Schatz, mit dem sorgsam umgegangen werden muss. In der Vergangenheit hat man festgestellt, dass dieser Schatz oftmals nicht gehegt und gepflegt worden ist. Stattdessen ist er kurzerhand als Tafelsilber leichtfertig verscherbelt worden. Heute ist hoffentlich allen hier im Hause klar, dass eine gemeinwohlorientierte Boden- und Baulandpolitik Dreh- und Angelpunkt für bezahlbares Wohnen und für sozialen Zusammenhalt in unseren Städten und Gemeinden ist. Man muss dabei einen ganzheitlichen Ansatz verfolgen, um den verschiedenen Anforderungen wie bezahlbares Wohnen, Klimaschutz und Flächen- sparen Rechnung zu tragen.
Bereits für unsere Verfassungsgeber*innen – meine Vorredner*innen haben bereits darauf hingewiesen – war das Recht auf Wohnen genauso wie die gerechte Verteilung von Boden ein wichtiger Bestandteil für unsere Grundordnung. Die Grundsätze in Arti- kel 106 und Artikel 161 der Bayerischen Verfassung sollten wir deshalb nicht nur in Sonntagsreden erwähnen, sondern uns diesen in der politischen Praxis stets verpflich- tet fühlen, auch wenn Artikel 161 aufgrund der Gesetzgebungskompetenz des Bundes mittlerweile mehr Programmsatz und Absichtserklärung ist. Vor diesem Hintergrund ist es aber umso wichtiger zu prüfen, ob und wie wir den verfassungsrechtlichen Auftrag im Freistaat im Hinblick auf eine gemeinwohlorientierte Bodenpolitik entsprechend er- weitern können, um die Versorgung der Bevölkerung mit angemessenem Wohnraum sicherzustellen.
(Beifall bei den GRÜNEN)
Den Kolleginnen und Kollegen aus dem Bauausschuss erzähle ich jetzt nichts Neues. Im Juni 2020 hat eine Anhörung stattgefunden, die die staatliche Liegenschaftspolitik auf den Prüfstand gestellt und deren Reformbedürftigkeit in großen Teilen bestätigt hat. Seitens der Expertinnen und Experten wurde unter anderem angeregt, eine gemeinwohlorientierte Liegenschaftspolitik in der Bayerischen Verfassung zu verankern, weil dies für die Exekutive hilfreich sein könnte. Das hat ein Verband in seine Stellung- nahme geschrieben. Wir GRÜNE sind ebenfalls der Auffassung, dass der Gemeinwohlorientierung im Umgang mit Liegenschaften Verfassungsrang eingeräumt werden sollte.
Darüber hinaus ist es für uns entscheidend, einen solchen Verfassungsauftrag tatsächlich mit Leben zu erfüllen. Das heißt, es müssen Nägel mit Köpfen gemacht werden. Im Rahmen der Anhörung wurde in diesem Zusammenhang einhellig die verbilligte Abgabe staatlicher Liegenschaften für den sozialen Wohnungsbau befürwortet. Das gibt es derzeit schon auf Bundesebene und in Baden-Württemberg. Die Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker unter uns kennen das. In Bayern steht dem zumindest derzeit das Haushaltsrecht entgegen, weshalb dies dringend geändert und eine Verbilligungsrichtlinie erlassen werden muss. Ein Antrag von uns, endlich die ent- sprechenden rechtlichen Voraussetzungen zu schaffen, ist erst am Widerstand der Regierungsfraktionen hier im Haus im Haushaltsausschuss gescheitert. Das zeigt mir: Wenn es in der Politik verbindlich wird, machen Sie sich, liebe Kolleginnen und Kolle- gen von CSU und FREIEN WÄHLERN, so schnell vom Acker, dass man wirklich nur staunen kann.
(Beifall bei den GRÜNEN)
Kolleginnen und Kollegen, gemeinwohlorientierte Liegenschaftspolitik heißt zudem, die Kommunen bei der Bodenbevorratung und beim Zwischenerwerb zu unterstützen. Der Gemeindetag, in Person des Präsidenten Brandl, hat mehrfach und eindringlich gefordert, die Grundsteuer C, eine sogenannte Baulandsteuer, einzuführen. Damit hät- ten Städte und Gemeinden endlich ein scharfes Schwert, um brachliegende Grundstücke im Innenbereich für den Wohnungsbau nutzbar zu machen. Herr Kollege Baum- gärtner ist heute nicht da. Er hat kürzlich mit den Schultern gezuckt, als ich den Na- men erwähnt habe. Er hat gesagt: Wer ist Brandl? Das unterscheidet uns von der CSU. Wir GRÜNE hören gut zu, wenn der Präsident des Gemeindetages etwas zu sagen hat.
(Beifall bei den GRÜNEN)
In diesem Sinne stimmen wir dem Antrag der SPD sehr gerne zu.
(Beifall bei den GRÜNEN)
Zwischenintervention
Jürgen Mistol (GRÜNE): Herr Kollege Swoboda, ich kann mir mehr vorstellen, als Sie sich offensichtlich vorstellen können. Man kann verschiedene politische Ziele auch gut miteinander kombinieren. Wenn es um Zuwanderung geht, sage ich Ihnen eines: Ein Großteil der Zuwanderung der letzten Jahrzehnte nach Bayern kam aus dem restlichen Bundesgebiet, nicht irgendwoher, wie Sie es meinen.
(Beifall bei den GRÜNEN)
Zwischenintervention
Jürgen Mistol (GRÜNE): Wir haben eine Europäische Zentralbank, die aus gutem Grund unabhängig ist. Das ist eine gute Sache. Sie unterliegt keinem politischen Einfluss. Insofern kann man Ihre Frage dahin gehend beantworten, dass eine gemeinwohlorientierte Finanzpolitik sehr wohl sinnvoll und möglich ist. Ob die Europäische Zentralbank das in allen Punkten macht, lasse ich einmal dahingestellt. Aber dafür können Sie uns GRÜNE nicht verantwortlich machen.
(Beifall bei den GRÜNEN)