Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen!
Das Parlament ist ein Ort der Debatte, das Ringen um den richtigen Weg und Transparenz der Entscheidungen sind wichtig für die Akzeptanz. – Diese beiden Sätze hat ganz zu Anfang dieser Sitzung unsere Landtagspräsidentin Ilse Aigner gesagt. Das ist richtig. Ich füge hinzu: Das Parlament ist nicht nur ein Ort der Debatte, sondern auch ein Ort der Entscheidung. Wir stehen nicht am Anfang der Pandemie, sondern wir leben mit ihr seit etwa acht Monaten. Wir sind gefordert, unser gesellschaftliches Leben, unseren Alltag unter den Bedingungen der Pandemie zu organisieren. Aus einem Krisenmodus der ersten Wochen muss ein alltagstauglicher Krisenmodus werden. Die Pandemie ist schließlich noch nicht vorbei; sie wird uns noch eine Zeit lang beschäftigen.
Wir GRÜNEN sind der festen Überzeugung: Dauerhaftes Regieren per Erlass, per Ermächtigung schwächt die Akzeptanz für diese wichtigen Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie. Um diese Akzeptanz in der Bevölkerung sollten wir wirklich gemeinsam kämpfen.
(Beifall bei den GRÜNEN)
Der Bayerische Verfassungsgerichtshof hat in seiner schon viel zitierten Entscheidung am 27. April 2020 gesagt:
(Je länger die Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie fortbestehen, desto mehr spricht dafür, dass sie der Ermächtigung durch ein besonderes förmliches Bundesgesetz bedürfen.)
Das Infektionsschutzgesetz des Bundes taugt also nicht auf Dauer als Rechts- grundlage. Zur Frage, welche Aspekte des öffentlichen Lebens, der Wirtschaft etc. wann, wie und wo eingeschränkt werden dürfen, sollten aus Sicht unserer Fraktion im ermächtigenden Bundesgesetz konkretere Vorgaben stehen.
Kollege Reiß, Sie haben darauf hingewiesen: Unsere Fraktion hatte schon Anfang Mai einen Antrag eingebracht. Der Antrag hieß "Corona-Maßnahmen-Gesetz in Bundesrat einbringen". Das war zu einer Zeit, zu der schon absehbar war, dass uns die Corona-Pandemie noch länger beschäftigen wird. Das war, denke ich mal, Anfang Mai durchaus absehbar. Also, etwa mit gleicher Zielrichtung wie die beiden vorliegenden Anträge haben wir damals einen Antrag eingebracht.
Meine Kolleginnen und Kollegen von CSU und FREIEN WÄHLERN, Sie haben mit unserer Initiative das Gleiche gemacht wie mit allen anderen Anträgen und Gesetzentwürfen der demokratischen Opposition zu diesem Thema. Das waren nicht wenige. Wir haben uns fast in jeder Sitzung mit einer solchen Initiative beschäftigt. Sie haben sie abgelehnt.
Bis heute Vormittag haben Sie keinen einzigen eigenen Vorschlag vorgelegt. Sie waren überhaupt nicht für unser Anliegen empfänglich. Erst jetzt legen Sie einen eigenen Vorschlag vor. Wissen Sie was? Wir werden diesem Antrag natürlich ebenso zustimmen wie dem Antrag der FDP.
Ich möchte aber schon sagen, bei der heutigen Rede des Kollegen Kreuzer zur Regierungserklärung ist mir eines aufgefallen: Immer, wenn er von "wir" gesprochen hat, hat er nicht etwa die CSU-Landtagsfraktion gemeint, als deren Vorsitzen- der er gerade gesprochen hat. Er hat vielmehr immer die Staatsregierung gemeint. Genau hier liegt das Problem. Darin liegt wirklich das Problem. Sie sollten als CSU-Fraktion wirklich einmal in sich gehen und Ihre Rolle überdenken, die Sie im Rahmen der Gewaltenteilung hier spielen.
(Beifall bei den GRÜNEN)
Kolleginnen und Kollegen, legislative Begleitung und Kontrolle auf der einen Seite und schnelle Entscheidungen auf der anderen Seite, der Exekutive, ist kein Gegensatzpaar. Das kriegt man beides unter einen Hut. Wenn uns der Parlamentaris- mus tatsächlich am Herzen liegt, dann sollten wir das gefälligst auch tun.
(Beifall bei den GRÜNEN)