Jürgen Mistol besuchte die Stadt Freyung auf Einladung Heinz Langs, Grüner zweiter Bürgermeister, und Hans Madl-Deinharts, Grünes Kreisvorstandsmitglied. Die beiden führten ihn durch die Stadt und zeigten ihm vor allem Beispiele für den Umgang mit ehemaligem Leerstand. So dient nun ein Haus, das kurz vor dem Abriss stand, als Unterkunft für Geflüchtete und zeitweises Impfzentrum. Ebenso wurden mehrere Häuser zum jetzigen Stadtplatzcenter samt Kino, Buchladen und verschiedenen Einkaufsmöglichkeiten verbunden. Besonders beeindruckend war die Volksmusikakademie, welche aus Initiative des Bürgermeisters zur Stärkung des Stadtkerns heraus konzipiert wurde und neben professionellen Probe- und akustisch ausgeklügelten Konzerträumen auch Übernachtungsmöglichkeiten für Schüler*innen sowie Gäste von Veranstaltungen bietet.Für die Akademie wurde ein altes Brauereigebäudenachhaltig renoviert, wobei der Kern des Pferdestalls erhalten blieb und dieser sowie das restliche Haus innen und außen mit Weißtannenholz versehen wurden, sodass ein fließender Übergang aus traditionellen Elementen und moderner Architektur erkennbar wird. Nach einer Mittagspause und dem Ende der Stadtführung überreichte Heinz Lang Jürgen Mistol ein Buch über den Bayerischen Wald als Andenken an den Besuch.
Im Anschluss folgte ein Besuch im sogenannten Seniorenheim Mauth. Dabei unterhielt sich Jürgen Mistol mit dem Mauther Bürgermeister Ernst Kandlbinder darüber, wie die Gemeinde die ehemalige Jugendherberge im Jahr 2015 gekauft und nach vierjähriger Miete durch die Caritas als Unterkunft für unbegleitete minderjährige Geflüchtete in eine Wohnanlage für Senior*innen umgebaut hatte. Auch weil die Ansprüche der künftigen Bewohner*innen bei der Konzipierung der Wohnungen miteinbezogen worden waren, stellte sich die Umwandlung als großer Erfolg heraus.
Die Reise in den Bayerischen Wald beschloss ein Besuch in Grainet. Vor Bürgern, Gemeinderäten sowie dem Bürgermeister Jürgen Schano sprach Jürgen Mistol zum Thema „Bauland-Ausweisungen zwischen Nachhaltigkeit und Flächenfraß“. Gerade in Zeiten des Kriegs in der Ukraine, durch den ein Großteil der Getreideversorgung ausfällt, würde der Erhalt landwirtschaftlicher Flächen vor allem im ländlichen Raum an Bedeutung gewinnen. Allerdings seien besonders kleine Kommunen von einem Zuwachs an Siedlungs- und Verkehrsflächen betroffen, was auch auf die Präferenz vieler Menschen, bei niedrigen Grundstückspreisen auf dem Land Einfamilienhäuser auf großen Grundstücken zu bauen, zurückzuführen sei. Gleichzeitig sinke die Tendenz zu Mehrfamilienhäusern in kreisfreien Städten mit mehr als 100.000 Einwohner*innen, weshalb es häufig zu einem „Donut-Effekt“ käme: leerere Ortskerne mit bebauter Umgebung. Da für Einfamilienhäuser auf großen Flächen die Kosten für die Herstellung und den Betrieb dieser Bauform im Vergleich zu kompakterem Bauen für Gemeinden extrem hoch seien und auch das von der Staatsregierung ins Leben gerufene Baukindergeld bzw. die Eigenheimzulage ihr eigentliches Ziel verfehle, plädierte Jürgen Mistol für ein Umdenken in Sachen Wohnungsbau: Neue Baugebiete sollen nachhaltig und unter Orientierung an regionaler Baukultur samt qualitativen öffentlichen Räumen erschlossen werden. Zudem können bereits bestehende Einfamilienhäuser um- und ausgebaut, neue dagegen in Lücken zur Bestandsergänzung geplant werden. Auch ein verdichtetes Bauen von Einfamilienhäusern als Reihen- oder Stadthäuser sowie Baugemeinschaften würden zum Erhalt lebendiger Ortskerne beitragen.
Im Anschluss tauschte sich Jürgen Mistol mit Jürgen Schano über bereits erzielte Fortschritte im Wohnungsbau aus und diskutierte mit den Anwesenden u.a. die „Flucht auf’s Land“, das Fehlen eines flächendeckenden Verkehrsverbundes in Bayern sowie die Energiesanierung und Zusammenarbeit über Gemeindegrenzen hinweg. Auch für die Anliegen und Sorgen der Anwesenden hatte Jürgen Mistol ein offenes Ohr und zeigte Verständnis für deren Unzufriedenheit mit undurchsichtigen Regelungen und verfehlter Landes- und Bundespolitik der letzten Jahre.