Rede Jürgen Mistol
Sehr geehrte Damen und Herren,
Am 20. September 2017 unterschrieben der damalige Vizepräsident des Tschechischen Abgeordnetenhauses, Jan Bartošek, und die leider schon verstorbene, ehemalige bayerische Landtagspräsidentin Barbara Stamm eine gemeinsame Erklärung zur Zusammenarbeit beider Parlamente. Die bayerisch-tschechische Parlamentsfreundschaft war damit offiziell besiegelt.
Auf vielen Ebenen fanden und finden Besuche statt, 2019 waren Karl Freller und ich als Koordinatoren dieser bayerisch-tschechischen Parlamentsfreundschaft gemeinsam mit Landtagspräsidentin Ilse Aigner und dem kompletten Präsidium des Bayerischen Landtags zu Gast in Prag. Ich selbst war vergangenes Jahr drei Tage in der tschechischen Hauptstadt, um nach der Corona-Pandemie, die die Begegnungsmöglichkeiten sehr erschwert hatte, lose Fäden wieder aufzunehmen. Und erst letztes Wochenende wieder war der – in der Begegnung mit den tschechischen Nachbarn sehr rührige Europaausschuss des bayerischen Landtags – in Prag zu Besuch, und auch hier fand – so habe ich mir berichten lassen – ein guter Austausch mit Kolleginnen und Kollegen aus dem Tschechischen Abgeordnetenhaus statt.
2021 wurde im Landtag eine Anhörung zu den bayerisch-tschechischen Beziehungen veranstaltet, und der Europaausschuss beschäftigt sich regelmäßig mit den Beziehungen zur Tschechischen Republik, Frau Staatsministerin Huml hat dazu kürzlich auch im Ausschuss berichtet. Nicht unerwähnt lassen möchte ich die viele anderen Veranstaltungen, bei denen ich aber auch viele andere Kolleginnen und Kollegen aus dem Landtag Kontakte mit Parlamentariern aus Tschechien pflegen konnten, wie z.B. im Centrum Bavaria Bohemia, beim Brünner Symposium der Ackermann-Gemeinde, an dem ich letztes Jahr teilnehmen konnte, oder jüngst beim Sudetendeutschen Tag in Regensburg, um nur einige Beispiele zu nennen.
Mein Fazit nach jetzt fast fünf Jahren in dieser Rolle als Koordinator: Die Beziehungen zwischen Bayern und Tschechien waren schon lange nicht mehr so gut wie momentan. Dass die Heimatvertriebenen aus dem Sudetenland von tschechischen Parlamentariern beim Sudetendeutschen Tag mit „Liebe Landsleute“ begrüßt werden, mag nur ein kleines Indiz für diese Einschätzung sein, emotional berührt hat mich das allemal.
In eine gute Nachbarschaft muss man jedoch tagtäglich investieren, und das machen viele Menschen vor allem in der Grenzregion, und diese Zusammenarbeit von engagierten – lokalen und regionalen – Einrichtungen, Institutionen mit Partnern in Tschechien festigen die gute Nachbarschaft. Viele Herausforderungen der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit erfordern aber nicht nur Lösungen vor Ort, sondern auch die deutliche Unterstützung von den beiden Regierungen und den Parlamenten.
Den Beirat der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit mit Tschechien sehe ich hier als Auftakt für eine stärkere Koordination und Zusammenführung der vielen engagierten Protagonisten vor Ort mit dem, was die Regierung tut und was wir in den Parlamenten beschließen. Insofern braucht dieser Beirat meines Erachtens zum einen mittelfristig die tschechische Seite, und zwar auf Augenhöhe. Und zum anderen die Beteiligung beider Parlamente.
Eine stärkere Koordination durch den Beirat sollte auch das Ziel haben, die vielen Initiativen und Instutionen, in denen aber oft immer wieder die gleichen Personen beieinander sind, regelmäßig an einem Fleck zusammen zu bringen. Ich sags mal so, sehr geehrte Damen und Herren: Manche halten einen ausgefüllten Terminkalender für ein ausgefülltes Leben. Aber wir müssen nicht alles doppelt, parallel oder dreifach machen.
Eine stärkere Institutionalisierung der Beziehungen halte ich also für wichtig, und ich sehe hierfür dank der guten Beziehungen auch ein hervorragendes Zeitfenster. Ich bin der festen Überzeugung: Wer gut organisiert ist, hat mehr Durchsetzungskraft. Und die brauchen wir, wenn wir die gute Nachbarschaft festigen wollen. Und eine gute Nachbarschaft festigen, das wollen wir.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!