Bayerns Staatsregierung plant Reformen des Bayrischen Hochschulgesetzes. Angesichts der tiefgreifenden Änderung der Hochschul- und Universitätslandschaft bezogen zahlreiche Hochschulverbünde Stellung gegen die geplante Gesetzesänderung und über 1000 bayerische Professorinnen und Professoren wandten sich in einem kritischen offenen Brief an Ministerpräsident Markus Söder und Wissenschaftsminister Bernd Sibler. Am 14. Oktober 2020 fand hierzu im Wissenschaftsausschuss des bayerischen Landtages eine Anhörung statt, bei der die Expert*innen allerdings nicht auf einen Gesetzentwurf, sondern nur auf ein Eckpunktepapier reagieren konnten.
Im Sinne des Leitbildes einer sogenannten "unternehmerischen Hochschule" sollen mehr Kompetenzen an die Hochschulleitung übertragen werden. Durch fehlende studentische Kontrollgremien bekommen Hochschulen mehr den Charakter eines Konzerns mit einer Top-Down-Managementstruktur. Die Grüne Landtagsfraktion kritisierte das vorliegende Eckpunktepapier der Staatsregierung: „Wenn wir ein Klima für Innovationen an unseren Hochschulen schaffen wollen, brauchen wir flachere Hierarchien und demokratischere Governance-Strukturen sowie gute Arbeitsbedingungen für den wissenschaftlichen Nachwuchs“ betont Verena Osygan, die hochschulpolitische Sprecherin der Grünen Landtagsfraktion. Gemeinsam mit Jürgen Mistol, Mitglied im Kuratorium der Universität Regensburg, hat sie einen Stopp der virtuellen Hochschultour an der Universität Regensburg initiiert zum gemeinsamen Austausch mit Experten*innen. Im Mittelpunkt des Gesprächs standen die kritische Bewertung des Eckpunktepapiers der Staatsregierung und die Diskussion des Grünen Gesetzentwurfs für ein Hochschulinnovationsgesetz.
Im Eckpunktepapier wird der Schwerpunkt der Regierung deutlich: Gefördert soll insbesondere der MINT-Bereich und wenige Spitzentechnologien, dabei gehen Geistes- und Sozialwissenschaften, Lehrämter - aus der Perspektive der CSU nicht wirtschaftlich profitablen Fächer - leer aus. Die Reformansätze richten Forschung und Lehre nach der wirtschaftliche Verwertbarkeit aus. Doch eine Hochschule ist kein Wirtschaftsunternehmen, sondern ein Ort des geistigen Austauschs und ein Spiegelbild der Vielfalt in der Gesellschaft. Die Universität würde somit nicht nur zum wissenschaftlichen Dienstleister degradiert, es ist auch schwer vorstellbar, wie Grundlagenforschung mit dieser Zielsetzung vereinbar ist. Darüber hinaus sieht das Eckpunktepapier die Einführung von Studiengebühren für nicht EU-Bürger*innen sowie weitere sogenannte „Innovationen“ vor, die fern von einer echten Bildungsgerechtigkeit und zukunftsorientierten Neuausrichtung sind.
Ganz grundlegende Dinge fehlen im Bayerischen Hochschulgesetz bis heute: eine verfasste Studierendenschaft mit Satzungs- und Finanzhoheit, Karrierewege im Wissenschaftsmanagement, Regelungen zu mehr Transparenz, die gesellschaftliche Verantwortung der Hochschulen im Bereich Nachhaltigkeit und Vielfalt. Zahlreiche Sachverständige – von Studierenden über den Mittelbau bis zu Professor*innen und auch Gewerkschaften – positionieren sich gegen die Ziele, die die Staatsregierung mit dieser Hochschulreform durchdrücken will.
Die Landtagsgrünen haben deshalb einen Entwurf für ein eigenes Hochschulinnovationsgesetz in Planung mit mehr Transparenz, Mitbestimmung und Chancengerechtigkeit, dass die bayerische Hochschullandschaft bei diesen Herausforderungen unterstützen soll.