In keinem anderen Bundesland wird so viel gebaut wie in Bayern – pro Tag werden rund 10 Hektar Natur überbaut. Wegen der dramatischen Abnahme von „Flächen“ vor allem im ländlichen Bereich und damit potentiellen Wohnraums in Bayern ist das Thema „Flächensparen“ seit langem ein Schwerpunkt „Grüner Wohnungsbau- und Sozialpolitik“. Zentrale Aufgabe bei der Schaffung von Wohnraum ist deshalb der schonende und sparsame Umgang mit Flächen. Diese Problematik wurde von Jürgen Mistol im Rahmen der Kreisversammlung von Bündnis 90 / Die Grünen in Freyung-Grafenau besprochen. In seinem Vortrag machte Mistol deutlich, dass die Ortszentren gestärkt werden müssen, um den Flächenverbrauch in Außenbereichen einzudämmen.
Problematischer Flächenverbrauch
Insbesondere landwirtschaftlich genutzte Flächen, Stadtrandgebiete oder Areale mit ökologischer Relevanz, so Mistol, fielen diesem Flächenraub zum Opfer. Die bürokratischen Hürden, Baugenehmigungen in diesen Gegenden zu erlangen, seien viel niedriger als in Ballungszentren, wo Boden ohnehin knapp und teuer ist. Trotz Wohnungsleerstand in vielen Ortszentren, neigten Bürgermeister*innen, aufgrund langwieriger administrativer Prozesse sowie komplexer Interaktionen mit Grundstückseigentümer*innen und Hausbesitzer*innen, oft eher dazu, neues Bauland an Ortsrändern oder auf dem Lande auszuweisen, als bestehenden innerstädtischen Wohnraum zu optimieren und zu verdichten. Diese Entwicklung werde deutlich allein durch die Tatsache, dass in Bayern 60% des Zuwachses an Siedlungs- und Verkehrsflächen auf Kommunen mit weniger als 6500 Einwohnern entfielen, betonte Mistol.
Maßnahmen der Staatsregierung - Verschärfung der Problematik
Der problematische Anstieg des Flächenverbrauchs im Freistaat sei, fuhr Mistol fort, durch zwei gesetzliche Initiativen in den letzten Jahren signifikant verschärft worden. Die von der bayerischen Staatsregierung als “Maßnahme gegen Wohnungsnot” verkaufte Verabschiedung des §13b Baugesetzbuch (GB) habe dabei das Gegenteil dessen bewirkt, was bezweckt werden sollte. Es sei im Verlauf zu einer Zunahme des Neubaus vor allem von Ein- oder Zwei-Familienhäusern in kleineren, ländlich-geprägten Gemeinden gekommen. “Solche Flächenausweisungen wären ohne Paragraph 13b gar nicht möglich gewesen,” erklärte Mistol. Die Attraktivität des Eigenheimbaus außerhalb verdichteter Räume habe sich dadurch vergrößert und nicht wie gewünscht verringert.
Weiterhin seien durch die Einführung von Baukindergeld Plus und Eigenheimzulage, welches der Unterstützung junger, bedürftiger Familien ursprünglich hätte dienen sollen, nicht die habe nicht zur Linderung der Wohnungsnot beigetragen, sondern den Wohnungsbau lediglich von Stadt auf das Land verlagert. Und nicht einem die Zielgruppe erreicht, die man eigentlich erreichen wollte. Man habe, so Mistol, eher Familien aus der Mittelschicht geholfen, also Menschen, die sich Eigenheime vermutlich auch ohne staatliche Subventionen hätten leisten können.
Der Grüne Lösungsansatz - “Das Beste muss nach Innen”
Man müsse, forderte Mistol, endlich die bayerischen Gemeinden motivieren, ihre Innenentwicklungspotenziale zu analysieren und zu nutzen. Anstatt neue Siedlungsgebiete zu erschließen, sollten Bestandsgebäude vor Ort renoviert und modernisiert werden. “Wir müssen Kommunen (beispielsweise durch den gezielten Einsatz von Städtebaufördermitteln) anregen“, örtlich vorhandene „Leerstellen zu erwerben und jungen Familien den finanziellen Anreiz geben, bestehenden Wohnraum in den Stadtkernen zu sanieren.“
Mistol schlage weiterhin vor, die Baulandsteuer (auch Grundsteuer C. genannt) ins Bayerische Grundsteuergesetz aufzunehmen, um so für ungenutzte, bereits erschlossene Grundstücke höhere Steuereinnahmen zu erzielen. Dieser Vorschlag werde im Übrigensogar von kommunalen Spitzenverbänden unterstützt.
Letztlich trügen aber auch flexiblere Grundrissgestaltungen, z.B. konkrete Erleichterungen bei der strukturellen Verbindung von Wohn-, Gewerbe-, und Dienstleistungsräumen, zur Bekämpfung der aktuellen Wohnungsbauproblematik und letztendlich der Verwirklichung eines intelligenten, zukunftsträchtigen Wohnraummanagements bei.
Ein Zehn-Punkte-Plan für Innenstädte und Dorfzentren
Zur Stärkung der bayerischen Innenstädte und Dorfzentren sei nun von den Grünen ein innovativer Zehn-Punkte-Plan erstellt und vorgelegt worden. Besonders relevant in diesem Zusammenhang seien, erläuterte Mistol, die Punkte VI. Kunst und Kultur als Katalysator für attraktiven Aufenthalt und Diskurs, und VIII. Neue Mobilitätskonzepte zugunsten von Fuß- und Radverkehr.“Kulturelle Angebote darf man nicht vergessen, auch in den ländlichen Räumen”, denn sie fungierten als Katalysator für Interaktion und Diskurs und erhöhten damit die Attraktivität von Lebensräumen, ganz unabhängig von ihrer geographischen Lage. Die Entwicklung neuer Mobilitätskonzepte, die Menschen in ländlichen Wohngegenden die Chance geben, ohne Zweit- oder Drittauto auszukommen, sei ebenfalls essentiell, schloss Mistol.